Für den Aufbau einer revolutionären Arbeiterpartei!
Krise, Krieg, Sozialabbau
2006 gründete sich das Netzwerk der Linken Opposition (NLO) in der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG). Die Ursache für die Gründung war die beschlossene Fusion zwischen der WASG und der Linkspartei.PDS (L.PDS).
“Den von der WASG beschlossenen ergebnisoffenen Prozess zur Bildung einer vereinigten linken Partei halten wir für politisch sinnvoll. Ziel dieses Prozesses ist eine starke pluralistische Kraft gegen den Neoliberalismus aufzubauen. Sie soll einen Beitrag zur Überwindung der neoliberalen Hegemonie leisten und einen Politikwechsel einleiten. Mit dieser Zielsetzung arbeiten wir in diesem Prozess mit. Der bisherige Verlauf des Prozesses, der nun in der Debatte um Programm und Statut angekommen ist, lässt uns befürchten, dass die politischen Ziele verfehlt werden.”
–“Felsberger Erklärung des Netzwerks Linke Opposition“, 3. Oktober 2006
Das NLO trat für “rote Linien” ein, die als Mindestforderungen für die neue Partei gedacht waren. Diese Linien waren links-reformistisch. Mit Forderungen gegen Privatisierungen, gegen Sozialabbau und gegen die Unterstützung von Aus landseinsätzen der Bundeswehr versuchte man, Kritiker der politischen Praxis der L.PDS im großen Stil einzusammeln. Mit der Forderung “Die neue Partei tritt nicht in Regierungen ein, die Sozialabbau betreiben, tarifliche Standards oder Löhne im öffentlichen Dienst absenken bzw. die Arbeitszeit der Beschäftigten erhöhen” (ebenda) stellte man sich reformistisch gegen die Landes- und Kommunalpolitik der L.PDS. Doch zu keiner Zeit des sog. Parteibildungsprozesses dachte die L.PDS daran, ihre Regierungspolitik einzustellen.
Nachdem auch die WASG-Führung bewusst linke Kritiker des Fusionskurses bürokratisch abwürgte und in allen kritischen Fragen Seite mit der L.PDS-Führung bezog, beschloss das NLO, eine eigenständige Organisation aufzubauen. Doch schon hier zeigte sich das kommende Problem. Auf der einen Seite wollte man die verbliebenen Genossen, die in der WASG gegen Windmühlen kämpften, nicht im Stich lassen, und auf der anderen Seite, wusste man, dass der Kampf um den eigenständigen Erhalt der WASG längst verloren war. Das Meinungsbild innerhalb der Fusionsgegner war sehr uneinheitlich. Es gab nicht wenige rechte Kritiker, die anti-kommunistisch gegen den Eintritt in die ehemalige SED hetzten. Aber es gab auch Kritiker von links, die die L.PDS als angepasste pro-kapitalistische Partei sahen.
De facto kämpfte das NLO bis zur Fusion für den eigenständigen Erhalt der WASG. Man hoffte, dass die vielen Fusionsgegner ihren Weg in das NLO finden.
Probleme schon in der Wiege
Nach dem Gründungstreffen des NLO in Felsberg im Oktober 2006 spaltete sich als erster größerer Block im Dezember 2006 die Sozialistische Alternative Voran (SAV) ab, die in der WASG viel Aufsehen mit ihrer Rolle im Berliner Landesverband erregt hatte. Die SAV hatte keine einheitliche Meinung oder Taktik gegenüber der Fusion. Sie warb im Westen für einen Eintritt in die neue Partei, was ein Verbleiben im NLO unmöglich machte, und sprach parallel dazu von der Notwendigkeit der Bildung von politischen Netzwerken. Lucy Redler (SAV) schrieb:
“Aus meiner Sicht ist es von großer Bedeutung, daß sich diese Kräfte in einem breiten antikapitalistischen Netzwerk zusammenschließen und gemeinsam handlungsfähig werden.
Es wird in den nächsten Jahren darauf ankommen, in vielfältigen Formen linke und antikapitalistische Kräfte zu stärken. Eine Berliner Regionalorganisation wäre nur landesweit organisiert, würde aber politisch bundesweit ausstrahlen und in einem noch zu bildenden Netzwerk mit antikapitalistischen Kräften bundesweit kooperieren.”
—junge Welt, 20. März 2007
Die anderen vorgeblichen Revolutionäre, wie die Gruppe Arbeitermacht (GAM), die am Aufbau der WASG beteiligt war, erhielten Führungsrollen im NLO in Berlin und Brandenburg und setzte große Hoffnung in das Netzwerk.
“Alle, die etwas gegen Kapital und Regierung; alle, die etwas gegen Imperialismus und Krieg; alle, die etwas gegen den Kapitalismus tun wollen – macht mit beim NLO! Bringt eure Erfahrungen, Vorschläge, Konzepte ein – raus aus euren den [sic] politischen Enklaven, lasst uns gemeinsam mehr Arbeiterpartei wagen!”
—neue internationale 120, Mai 2007
“&das NLO ist momentan die einzige bundesweite Struktur, die einen, wenn auch bescheidenen Ansatz bietet, das Fehlen einer revolutionären Klassenführung zu überwinden.”
—neue internationale 122, Juli 2007
Auch wir sahen die Linksentwicklung dieser Struktur außerhalb der LINKEN als ein positives Zeichen. Mit Interesse nahmen Genossen der IBT als Beobachter an lokalen und regionalen NLO-Treffen teil. Was wir dort erlebten, bestätigte, dass die politischen Hoffnungen der GAM, wie schon vorher in der WASG, nicht erfüllt wurden. Die GAM, aber auch Genossen der Marxistischen Initative oder der Internationalen Sozialisten, brachten immer wieder die Forderung nach einer programmatischen Diskussion auf. Bis zur Spaltung schob das NLO diesen Punkt vor sich her.
Die GAM brachte im März 2007 über ihren Unterstützer Martin Mitterhauser sehr weitgehende Thesen in das NLO ein. Diese stellten nur einige der linksreformistischen Positionen des NLO infrage. Dies zeigte sich z. B. in der These: “Eine Beteiligung an Re-gierungen, die das bürgerliche System verteidigen, lehnen wir grundsätzlich ab” (“Thesen zum NLO“, www.netzwerk-linke-opposition.de).
“Wie diese Programmatik [für eine zu schaffende Partei] genau aussehen soll, wird in den nächsten Monaten im Netzwerk breit diskutiert werden.”
— ebenda
Die GAM sieht das NLO als eine Übergangsorganisation von der WASG zu einer revolutionären Arbeiterpartei und tat so, als gäbe es bereits NLO-weiten Konsens, ihre Thesen “breit” zu dikutieren. Doch der Diskussionsprozess kam nicht in die Gänge. Auf den monatlichen NLO-Nordrhein-Westfalen-Treffen wurden die Thesen gerade einmal 30 Minuten lang diskutiert. Dabei zeichnete sich eine massive Kritik und Ablehnung an dem gesamten Thesenpapier ab. Die Angst, das reformistische Fahrwasser zu verlassen, stand den Genossen dabei ins Gesicht geschrieben.
Die GAM erkannte das Problem und schrieb im Oktober 2007:
“Das Netzwerk Linke Opposition ist es zum Teil [ein Ansatzpunkt für klassenkämpferische Kräfte] – aber ohne große Mobilisierungskraft und ohne klaren Aktionsplan, geschweige denn ein Aktionsprogramm.”
neue internationale 124, Oktober 2007
Der starke Wind, der der GAM entgegenschlug, ist ein klares Zeichen für die übriggebliebenen Versatzstücke der alten reformistischen WASG-Zeit. Es ist eine Illusion zu glauben, mit bloßen Aussagen gegen Sozialabbau, aber ohne eine nennenswerte Perspektive in Richtung der Überwindung dieses Systems, könne man die Massen “links der LINKEN” einsammeln.
Im Rahmen der Mobilisierung gegen die Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr entbrannte eine heftige Diskussion, sowohl um die allgemeine, als auch um die konkrete Ausrichtung des NLO. Die GAM und andere Linke argumentierten gegen die Unterzeichnung des Aufrufes der Friedensbewegung, da er zurecht als eine pazifistische Propagandaplattform analysiert wurde. Gegen diese Positionierung liefen weite Teile des NLO Sturm. Man argumentierte, dass man sich nicht gegen die Friedensbewegung und die vielen Unterstützer des Aufrufes stellen dürfe. Dieser Versuch, sich an existierende reformistische und vor allem linksbürgerliche Bewegungen einfach unkritisch anzuschließen, wurde durch eine Kampfabstimmung im NLO-Bundesrat abgelehnt. Ein eigenständiger Aufruf wurde geschrieben. Dieser bemerkte zurecht:
“Wir lehnen die Appelle von Teilen der Partei “Die Linke”, der DKP und attac ab, der Bundesregierung und der NATO zu predigen, sie solle den Afghanen zivile Konfliktregulierung beibringen und auf diplomatische Verhandlungen setzen.”
-“Bundeswehr raus aus Afghanistan! Sofort!“, 8. September 2007
Zudem forderte das NLO vom deutschen Imperialismus, endlich aus der NATO auszutreten. Wir lehnen solche Forderungen nach nationalen Sonderwegen für die herrschende Klasse ebenso ab wie die Mitgliedschaft in der NATO. Auch fehlt dem Aufruf eine weitergehende Positionierung. Es wurden keine Forderungen nach einer neu zu entstehenden klassenkämpferischen Anti-Kriegsbewegung aufgestellt. Nur eine internationale Mobilisierung der Arbeiterklasse hat die Macht, die imperialistische Kriegsmaschinerie lahmzulegen.
NLO: Nicht Lebensfähige Organisation
Ende November spaltete sich nun das NLO. Ein Teil der Ratsmitglieder, die dem linken Flügel angehören, erklärten die Zusammenarbeit mit Edith Bartelmus-Scholich und anderen für beendet. Dabei verwiesen sie auf folgende Differenzen:
“Eigene, alternative Perspektiven wurden von diesen Kräften dem NLO nicht vorgelegt. Faktisch wurde von ihnen eine Rückorientierung auf das reformistische Lager und dessen utopische Vision einer sozialeren Variante kapitalistischer Politik betrieben. Bei der Mobilisierung gegen den Afghanistankrieg widersetzen sich diese Kräfte einem unabhängigen auftreten [sic] des NLO und forderten, sich den selbsternannten Repräsentanten der Friedensbewegung des Kasseler Ratschlags politisch unterzuordnen. In Bezug auf die Europäische Union wurde dem NLO empfohlen, die illusionäre Perspektive einer Reform der Europäischen Union von unten zu einem Arbeitsschwerpunkt zu machen.”
–“Erklärung der Mehrheit des Rates des NLO, 30. November 2007
Der linke Flügel wähnt sich einer vorrevolutionären Situation und will daher das NLO in Zeiten der sich zuspitzenden Krise des Kapitalismus in eine revolutionäre Partei umwandeln. Diese sollte dann die verelendeten Massen hinter sich sammeln und die Revolution machen. Die Internationalen Sozialisten kommentieren die Thesen Martin Mitterhausers aus der GAM daher so:
“In den sich durch Kriege und Krise zuspitzenden Kämpfen wird sich unweigerlich eine Partei links von “Die Linke” bilden. Wir als Netzwerk Linke Opposition sollten dabei eine treibende Kraft sein.
Allerdings gehen wir davon aus, dass wirtschaftliche Krise und Zuspitzung der Kriege relativ bald die Gründung einer solchen Partei notwendig machen wird.”
–“Stellungnahme der Internationalen Sozialisten im Netzwerk Linke Opposition zu den Thesen von Martin Mitterhauser“, 7. Oktober 2007
Auch die GAM schätzt die Weltlage ähnlich ein:
“Heute befinden wir uns in einer vorrevolutionären Periode, einer Periode, die von heftigen Krisen, von Kriegen, Konflikten und Angriffen auf die Massen, aber auch von deren Widerstand gekennzeichnet ist. Vorrevolutionäre und offen revolutionäre Situationen, in denen die Machtfrage steht, häufen sich.”
–Revolutionärer Marxismus Nr. 38, Oktober 2007
Der rechte Flügel der NLO-Ratsmitglieder, der sich heute im “scharf-links”-Netzwerk wiederfindet, kritisiert diese revolutionäre Ungeduld und kennzeichnet die derzeitigen Klassenauseinandersetzungen als “Abwehrkämpfe.”
Daraus folgert, dass man beabsichtigt, “die neoliberale Hegemonie weiter auszuhöhlen und solidarische Perspektiven für Gesellschaft und Wirtschaft in breitesten Zusammenhängen zu entwickeln” (Edith Bartelmus-Scholich: “Offen, dezentral, solidarisch, pluralistisch, radikaldemokratisch: Die Ansprüche des ehemaligen NLO werden im scharf-links-Netzwerk’ fortgeführt”, 11. Dezember 2007). Der hier eingeforderte Pluralismus der NLO-Rechten schließt die Zusammenarbeit mit bürgerlichen Kräften ein, die sich auch im Widerstand gegen Krieg und Neoliberalismus verstehen. Das Ziel, an die Massen mit einer unverbindlichen, an deren Bewusstsein angepassten Politik heranzukommen, war die Perspektive des rechten Flügels. Die politischen Einwürfe des linken Flügels standen dem entgegen. Die Perspektive breiter Bündnisse äußert sich in der deutlichen Ablehnung des leninistischen Avantgarde-Gedankens, um diesen durch altbackene Volksfront-Politik zu ersetzen. Warum “scharf-links” mit einer solchen Strategie nicht in den warmen Schoß der LINKE zurückkehrt, ist wohl ihr eigenes Geheimnis.
Obwohl wir “scharf-links” keine verheißungsvolle Zukunft einräumen, stehen wir dem Rest des NLO mit Skepsis gegenüber. Es wäre jedoch falsch, zuerst eine gemeinsame Organisation schaffen zu wollen und dann die programmatische Ausrichtung derselben zu diskutieren. Das NLO ist genau an der Unvereinbarkeit der verschiedenen politischen Ansätze zerbrochen. Dass auf die weitere Verschärfung der Krise des Kapitalismus automatisch auch eine Linksentwicklung des Proletariats folgt, die zum Sturz des Kapitalismus führt, sollte spätestens mit dem 30. Januar 1933 widerlegt sein.
Programmatische Klarheit ist die Vorbedingung von organisatorischer Einheit. Die Spaltung des NLO ist hierfür Beweis.
Wir sind nicht der Ansicht, dass alleine das Verabschieden von klassenkämpferischen Thesen ausreicht, um eine positive Entwicklung einzuleiten. Die Krise der Arbeiterklasse ist die Krise ihrer Führung. Die Arbeiterklasse braucht eine Organisation, die in Diskussionen, Aktionseinheiten, Einheitsfrontaktionen und Streiks ihr Programm, das auf der Methode des Übergangsprogramms basiert, prüft und endlich eine revolutionäre Partei schafft.