Spartacist League: Manchmal ist weniger drin als man glaubt
Die Spartacist League/USA (SL) posiert genauso gern wie ihre deutsche Schwesterorganisation Spartakist Arbeiterpartei Deutschland (SpAD) als die Härtesten der Harten. Viel davon ist allerdings tatsächlich nur Gepose. Denn wiederholt hat die SL, die führende Organisation der Internationalen Kommunistischen Liga, Feigheit im Klassenkampf bewiesen, wenn es heiß wurde. In Brasilien desertierten sie z.B. von heißen Klassenkämpfen dortiger Metallarbeiter. Besonders interessant ist ihr feiges Zurückweichen von kommunistischen Positionen in Kriegsfragen. Als 1983 der ‘Islamische Dschihad’ im Libanon eine Kaserne der US.-Marines in die Luft jagte und damit dem Versuch der USA, einen militärischen Brückenkopf im Nahen Osten zu errichten einen massiven Schlag versetzte, titelte das Parteiorgan der SL, Workers Vanguard (WV) am 4. November 1983: “Marines out of Lebanon, now, alive!” (Marines raus aus dem Libanon, jetzt, lebendig!). Revolutionären ist es egal ob imperialistische Elite-Killer tot oder lebendig aus dem Libanon, oder heute Afghanistan, rausfliegen: Hauptsache sie erleiden eine Niederlage!
Heute lehnt die SL es ab die Niederlage der USA im Afghanistan-Krieg zu fordern. Sie verteidigen zwar formal Afghanistan, treten aber nicht für die Niederlage des ‘eigenen’ Hauptfeindes ein. Vor zwei Jahren, im Krieg gegen Jugoslawien, forderte die SL die Niederlage der USA, heute nicht. Was hat sich geändert, bis auf die viel schärfere chauvinistische Stimmung in den USA? Das die SL für ein solches von den Herrschenden verschärftes politisches Klima empfänglich ist, bewies sie bereits in der Reagan-Ära wiederholt: Außer zum Libanon duckte sie sich zum Beispiel anlässlich des Absturzes des Challenger-Raumschiffs 1986, indem sie erklärte, dass ihre Trauer für Reagans NASA-Sternenkrieger “nicht größer oder kleiner als für alle anderen Leute ist, die in tragischen Umständen sterben, wie die neun armen Salvadorianer, die bei einem Brand in einem Kellerapartment in Washington, D.C. zwei Tage zuvor starben” (Workers Vanguard, 14. Februar 1986, eig. Übersetzung).
Die Behauptung, die USA hätten nicht vor, Afghanistan zu besetzen, sondern suchten nur Rache für die Beleidigung ihrer imperialen Macht (vgl. WV, 9. November 2001) ist der verzweifelte Versuch, den Verrat weniger groß erscheinen zu lassen. Darin ähneln sie den Cliffites (Linksruck), die im Jugoslawien-Krieg ihre Weigerung, eine Seite zu beziehen, mit dem Unsinn rechtfertigten, es werde keine Sieger geben. Nur, um wenige Wochen später den angeblich wenig überraschenden Sieg der NATO festzustellen. Die Lügen von WV haben so kurze Beine, dass die SL noch im gleichen Satz feststellen muss: “doch jetzt wo sie in Zentralasien sind, werden die Imperialisten sich nehmen was sie kriegen können” (ebd.). Das bisschen Rache sieht so aus: Die Regierung wird gestürzt, ein Regime vom imperialistischen Gnaden und Proporz installiert, tatsächlich sind heutzutage Tausende Marines in Afghanistan und eine ‘Schutztruppe’ soll mindestens zwei Jahre in Kabul stationiert werden. Ob Besetzung oder nicht ist allerdings auch nicht die entscheidende Frage: Oder sollen Kommunistinnen und Kommunisten nicht für die Niederlage ihres Imperialismus bei derartigen Vergeltungsaktionen eintreten?
Gerechtfertigt hat die SL ihr aktuelles Versagen vor dem Hauptfeind mit der Überlegung, dass die unvermeidliche imperialistische Kriegstreiberei nur durch siegreiche Arbeiterrevolutionen besiegt werden könne. So wahr diese Aussage generell ist, so falsch ist sie angewandt auf die Niederlage eines bestimmten Imperialismus in einem bestimmten Krieg, die wiederum die Voraussetzungen für eine siegreiche Arbeiterrevolution erheblich verbessern kann. Castro schlug die US-Intervention in der Schweinebucht zurück, Frankreichs Niederlage in Algerien wurde die Ouvertüre zum Mai 68, Vietnam wurde zum amerikanischen Trauma und der erfolgreiche Anschlag im Libanon führte zum Rückzug der Marines. Konkrete Niederlage sind möglich und Revolutionäre halten mit Lenin in diesem Sinne daran fest, die Niederlage der eigenen Bourgeoisie in einem reaktionären Krieg zu wünschen. Ohne diese Position ist die Verteidigung Afghanistans ein leeres Lippenbekenntnis.
Um ihren Verrat zu verschleiern, versucht die SL-Führung das Ganze als eine rein taktische Frage hinzustellen und orakelt über den ‘konjunkturellen’ Charakter der Losungen, welche die Massen zur Macht führen. Sicher der Weg zur Macht hat seine Konjunkturen, aber heute führt die SL eine Existenz als eine kleine Propaganda-Gruppe. Unter diesen Bedingungen ist das Fallenlassen der Forderung nach einer Niederlage der Imperialisten kein taktisch kluger Schritt vorwärts für die Arbeitermassen auf ihrem Weg zur Macht, sondern Preisgabe eines Ecksteins des revolutionären Programms, welches uneingeschränkt zu propagieren heute die Hauptpflicht eines jeden Revolutionärs ist.