PDS auf Kriegspfad
Die PDS profilierte sich während der NATO-Angriffe in den Augen Tausender ArbeiterInnen und Linker als Anti-Kriegspartei. Ihr “Nein” zum NATO-Krieg und ihre Mobilisierungen steigerten das Ansehen und die Wählergunst erheblich. Es brachte den Unmut einer relevanten Minderheit von Jugendlichen und ArbeiterInnen über den wiedererstarkenden Militarismus Deutschlands und die Arroganz und Aggressivität der Großmächte zum Ausdruck. Während es einerseits Wählerstimmen brachte, manövrierte es die PDS andererseits in die Regierungsunfähigkeit. Die Aufgabe der PDS-Führung bestand nun darin, den anti-militaristischen Instinkt an der Basis mit dem Machtinstinkt der Führung zu versöhnen.
Gysis und Biskys erster Schritt der Salamitaktik, um dies zu bewerkstelligen, ist leicht zu durchschauen. Erst wurden die Proteste gegen den Krieg praktisch wie theoretisch entwaffnet, indem man sie auf die Grundlage des Völkerrechts, d.h. der UN-Charta stellte. Der Bruch des Völkerrechts und das Gewaltmonopol, nicht Klasseninteressen, wurden zum Ausgangspunkt und zur Argumentationsgrundlage für die Antikriegsproteste gemacht. Dann wurde die konsequente Anwendung der falschen Begründung eingefordert, um die richtige Position gegen jede imperialistische Intervention auch im Namen der UNO zu kippen. Nur wenige Monate nach dem Jugoslawien-Krieg forderten Bisky und Gysi erfolgreich von der PDS, Interventionen unter UNO-Mandat nicht mehr grundsätzlich abzulehnen: “Wir verlieren selbst an Glaubwürdigkeit, wenn wir gegen die NATO … das Gewaltmonopol der UNO argumentativ einsetzen, in Wirklichkeit aber dieses Gewaltmonopol auch nicht respektieren” (Gysi-Papier zur Klausurtagung der PDS-Fraktion am 20.10.1999 im Reichstag). So wird gleich die imperialistische Intervention in Ost-Timor begrüßt, die Entsendung der Bundeswehr-Sanitäter von PDS-Abgeordneten nur mit der Begründung abgelehnt, sie sei im Rahmen der Interfet-Mission unnütz.
Das Gewaltmonopol der UNO zu akzeptieren ist einerseits utopisch, weil die Großmächte es nie akzeptieren werden und über die nötigen Gewaltmittel verfügen, es bei Bedarf zu brechen. Andererseits ist es reaktionär, da es auf die Entwaffnung aller wirklichen Befreiungsbewegungen zugunsten sog. politischer Lösungen im Rahmen imperialistischer Weltherrschaft hinausläuft. In diesem Rahmen bestimmen aber in der Regel die imperialistischen Mächte den Willen der UNO und der von ihnen abhängigen kleinen UNO-Mitglieder.
Umstritten ist in der PDS lediglich die Frage, ob das Gewaltmonopol der UNO auch unter den jetzigen Zuständen der Welt und der UNO, und ohne deren “Demokratisierung”, bedingungslos anerkannt werden soll; sowie der von der Parteiführung noch nicht offen ausgesprochene Wunsch, deutsche Truppen mitmarschieren zu lassen – diesbezüglich ist ja auch noch etwas Zeit bis 2002.
Das von der PDS-Europaabgeordneten, Sylvia Yvonne Kaufmann, auf der Klausurtagung der PDS-Fraktion präsentierte “Gegenpapier” beruft sich auf die “seit Jahren fixierte… Position, daß wir Krieg bzw. die Anwendung militärischer Mittel zur Lösung von Konflikten ablehnen”, statt zwischen gerechten und ungerechten, d.h. reaktionären Raub- und fortschrittlichen Befreiungs-Kriegen zu unterscheiden. “Das heißt aber nicht nur gewaltfreie Konfliktlösungen und Abrüstung von Soldaten und Waffen zu befördern, sondern auch im nationalstaatlichen wie im Rahmen supranationaler Organisationen darauf hinzuwirken, daß die Quellen gewaltsam ausgetragener Konflikte, wie weltweite soziale Ungerechtigkeit … beseitigt werden. Als Teil einer Politik der ‘Kriegsvorbeugung’ stehen vor allem unsere Forderungen nach einer Demokratisierung und Stärkung der UNO … und der OSZE.”
Im Klartext:
“Gewaltfreie Konfliktlösungen” statt revolutionärem Sturz der kapitalistischen Klassenherrschaft; “Abrüstung” statt revolutionärer Arbeiterbewaffnung; die schwammige Forderung nach Beseitigung sozialer Ungerechtigkeit statt des Kampfes für die sozialistische Revolution – und das Ganze im Rahmen der Nationalstaaten und supranationalen Organisationen, d.h. im Rahmen imperialistischer Herrschaft. Der fromme Wunsch nach einer Demokratisierung und Stärkung der UNO und OSZE geht letzten Endes von der lächerlichen Illusion aus, die Imperialisten ließen sich ohne Revolution durch reformistischen Druck maßregeln oder gar entwaffnen.
Der Streit zwischen der Mehrheit und der Minderheit der PDS ist also nicht der zwischen konsequentem Antimilitarismus und Vaterlandsverteidigung sondern der zwischen Sozialpazifismus und Sozialpatriotismus. Keine relevante Strömung in der PDS verdient ernsthaft den Namen antimilitaristisch, für revolutionäre AktivistInnen ist die PDS keine Heimat.
Gut, daß wir verglichen haben.
Gruppe Spartakus