Sozialpazifismus: Friedensbewegung statt Klassenkampf

Der Sozialpazifismus beschränkt sich auf Friedenslosungen. Er kann in allen Farben der Angst und Betroffenheit wegen des Krieges schillern. Von “Stoppt die Bombardierungen” bis “Nie wieder Krieg” wird alles propagiert; nur revolutionäre Klassenkampfpropaganda ist verpönt. Statt dessen werden Illusionen in einen demokratischen Frieden unter der imperialistischen Herrschaft gepredigt oder bei den radikaleren SozialpazifistInnen zwar sozialistische Sonntagsreden gehalten, aber alle Hoffnungen auf die Mobilisierung einer breiten Friedensbewegung gesetzt. Jene politischen Kräfte, die den Klassenkampf als antiquiert ablehnen, landen letztlich bei der noch viel älteren Utopie des Kant’schen Vernunftfriedens – in einer Welt demokratischer KleinhändlerInnen und -produzentInnen und ihrer liberalen friedliebenden Staaten. Aber der Imperialismus beruht auf dem Monopolkapital mit seinen globalen Ambitionen und er ist, gerade weil das Monopolkapital weltweit nicht nur Handel treibt sondern auch investiert, weltweit aggressiv. Militärisch sichern die Großmächte ihre internationalen Marktanteile und Investitionen gegen die ausgeplünderten Nationen und gegen Konkurrenten ab. Ohne einen revolutionären Sturz des Imperialismus wird jeder Frieden nur die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln sein.

Dem politischen Klassencharakter nach ist der Sozialpazifismus (klein-)bürgerlich-liberal und damit eine, im Unterschied zum Sozialpatriotismus, völlig ohnmächtige und utopische Politik. Sie taugt einzig und allein dazu, linke ArbeiterInnen und Jugendliche objektiv in die Arme des Imperialismus zu führen und jede echte Opposition gegen die imperialistischen Kriegstreiber politisch im Keim zu ersticken.

Demgegenüber halten wir an der politischen Tradition der Bolschewiki, die sich 1914 entschlossen gegen ihre kriegsführenden Vaterländer stellten, fest:

“Eine prinzipienfeste, andersgeartete, nicht liberale Taktik beginnt erst da, wo der entschiedene Bruch mit jederlei Rechtfertigung der Teilnahme am Krieg beginnt, wo in der praktischen Politik revolutionäre Aktionen gegen die eigene Regierung während des Krieges und unter Ausnutzung der durch den Krieg hervorgerufenen Schwierigkeiten propagiert und vorbereitet werden”
(Lenin-Werke, Bd. 21, S. 271).

Die Umwandlung des Raubkrieges in einen internationalen Klassenkrieg vorzubereiten, ist für ArbeiterInnen und Linke in imperialistischen Ländern die einzig mögliche revolutionäre “Friedenspolitik”. Jede andere Friedenspropaganda, egal wie “humanitär” und “antifaschistisch”, schafft Illusionen und macht die Massen zum manipulierbaren Werkzeug “ihrer” kapitalistischen Regierungen und deren Geheimdiplomatie.

Praktischer Bruch mit jederlei Kriegsrechtfertigung und -treiberei – das schließt auch jedes UNO-/OSZE-Deckmäntelchen und jede Anbiederung an eine breite Friedensbewegung, als Ersatz für klare revolutionäre Klassenkampfpropaganda, aus.

Nationale Arbeitsteilung:
Der imperialistische Nutzen des Sozialpazifismus

Sozialpatriotismus und Sozialpazifismus dienen beide objektiv dem eigenen Imperialismus und bilden immer wieder reaktionäre politische Koalitionen und Allianzen. Diese unzähligen alltäglichen Kollaborationen auf betrieblicher, gewerkschaftlicher oder studentenpolitischer Ebene hängen mit der objektiven Arbeitsteilung zwischen SozialpazifistInnen, SozialpatriotInnen und imperialistischer Regierung zusammen: Die liberalen Bourgeois und ihre reformistischen Agenturen in der Arbeiterbewegung beteuern seit jeher phrasenhaft, gerade in Kriegszeiten, Friedensliebe, Internationalismus, die Ablehnung von Aggression und Eroberungspolitik – aktuell angereichert um Scharpings Sorge vor einer “humanitären Katastrophe” und Joseph Fischers anti-serbischen “Antifaschismus”. Wo Friedenssehnsucht oder Angst vor den Kriegsfolgen trotz dieser Heuchelei die Gefolgschaft von ArbeiterInnen und Jugendlichen hinter ihrer Kriegsregierung gefährden, greift nun die Rolle der SozialpazifistInnen mit der Aufgabe, nicht die KriegstreiberInnen sondern den Protest zu befrieden.

Wenn der Friedensruf einen ersten unaufgeklärten Protest von Arbeitermassen zum Ausdruck bringt, dann müssen KommunistInnen eine solche Bewegung polarisieren. Einerseits müssen sie jeden noch so kleinen aber ensthaften Schritt gegen den Krieg tatkräftig unterstützen. Andererseits müssen sie offen jedes sozialpatriotische oder -pazifistische Versagen der Arbeiterbewegung entschlossen, durch Aufklärung über jede imperialistische Heuchelei und die Notwendigkeit der Revolution, bekämpfen. Linke, die sich auf pazifistische Losungen beschränken, sind durch Wort und Tat Komplizen des sozialchauvinistischen Betrugs, den sie mit hohlen Phrasen von Frieden und “Nie wieder Krieg!” decken. Denn Losungen sind, im Gegensatz zu Stimmungen, Ausdruck einer bewußten Politik. Umso erbärmlicher, wenn Linke sich mit klassenübergreifenden pazifistischen Parolen nicht einer unreifen Massenbewegung anbiedern, sondern mangels einer solchen direkt ihrer eigenen imperialistischen Bourgeoisie.

Das ideologische Gebräu von humanitär-antifaschistisch gerechtfertigter Kriegstreiberei und pazifistischen Illusionen ist notwendig und ausreichend zugleich, um die ArbeiterInnen zu täuschen. Notwendig, weil die ReformistInnen und ihre zentristische Gefolgschaft mit weniger als dem Versprechen eines gerechten Friedens und humanitär-antifaschistischer Absichten die Massen nicht hinter sich und den Kriegskurs bringen können. Ausreichend, weil die Eroberung und Ausplünderung nach dem Krieg nicht von den pseudo-linken Steigbügelhaltern, sondern von ihren Herrenreitern in Armee und Regierung durchgeführt wird.