Trotzkisten fusionieren

Erklärung zur Fusion der Gruppe Spartakus und der Gruppe Leo Trotzki zur Internationalen Bolschewistischen Tendenz Deutschland

Im Mai 2002 haben sich Gruppe Spartakus (Deutsche Sektion der Internationalen Bolschewistischen Tendenz) und die Gruppe Leo Trotzki zur Internationalen Bolschewistischen Tendenz Deutschland zusammengeschlossen. Im folgenden drucken wir die Erklärung zur Vereinigung der Gruppen ab.

Gruppe Spartakus: Verteidigung des Trotzkismus

Die Gruppe Spartakus entstand 1990 durch die Fusion der Gruppe Vierte Internationale mit der Bolschewistischen Tendenz. Sie ist die deutsche Sektion der trotzkistischen Internationalen Bolschewistischen Tendenz. Deren Ziel ist der Wiederaufbau einer Weltpartei der Sozialistischen Revolution. Programmatisch und personell hat die Internationale Bolschewistische Tendenz ihre Wurzeln in der einst revolutionären international Spartacist Tendency vor ihrem organisatorischen und politischen Niedergang Ende der 70er Jahre.

Seit dem konterrevolutionären Ende der Warschauer-Pakt-Staaten erleben wir eine Phase geringer Klassenkämpfe. Angesichts der globalen kapitalistischen und imperialistischen Offensive betrachtet es die Gruppe Spartakus als eine Hauptaufgabe, das marxistische Programm gegen den Anpassungsdruck zu bewahren und auf die heutige Wirklichkeit anzuwenden: zum Beispiel als Leitfaden für den Kampf gegen den erstarkenden Rassismus und Faschismus gegen die imperialistische Globalisierung und Mobilmachung ebenso wie gegen die reformistische Unterordnung der Arbeiter und Linken unter die Interessen des deutsche Kapitals durch DGB-Bürokratie, SPD und PDS.

In diesem Rahmen verteidigt die Gruppe Spartakus, u.a. durch die Herausgabe ihres Organs BOLSCHEWIK, dieses politische Erbe ideologisch gegen den reformistischen wie zentristischen Revisionismus in der Arbeiterbewegung und Linken. Die richtige politische Theorie ist eine Voraussetzung für den praktischen Sturz des Kapitalismus. Als kleine Propagandagruppe hat die Gruppe Spartakus sich auch wiederholt nach Kräften an exemplarischen Aktionen beteiligt, insbesondere an Aktionseinheiten gegen Faschisten, polizeiliche Übergriffe auf linke türkische und kurdische Kulturvereine für die Freilassung von Mumia Abu Jamal und für eine Demonstration zur Verteidigung Jugoslawiens gegen die NATO-Angriffe.

Angesichts einer schrumpfenden kleinbürgerlichen und proletarischen Linken nimmt zwar die Gewinnung ganz neuer Aktivistinnen und Aktivisten für den revolutionären Kampf relativ an Bedeutung zu, dennoch bleibt die Umgruppierung subjektiver Revolutionäre eine vorrangige Aufgabe. Der Aufbau einer revolutionären Partei und Internationale kann nur durch einen Prozess prinzipienfester politischer Diskussion und Klärung unter den Gegnern des Kapitalismus erfolgen; organisatorisch entspricht dem ein Prozess von Spaltungen und Fusionen.

Gruppe Leo Trotzki: Vom Pabloismus zum Trotzkismus

Die Gruppe Leo Trotzki setzte sich aus Genossen zusammen, die sich vom Pabloismus (namentlich von dem der “Leninistischen Tendenz” im Revolutionär-Sozialistischen Bund/München und ihren Nachfolgeorganisationen) unter dem Einfluss von Publikationen der Spartakist Arbeiterpartei Deutschlands (SpAD) nach links entwickelt hatten. Insofern die SpAD das politische Erbe der revolutionären Spartacist League der 70er Jahre noch in deformierter Form weiterträgt, war es ihr möglich, einen Bruch der Genossen in München mit dem Pabloismus einzuleiten. Andererseits waren ihr hysterisches Auftreten und ihre organisatorische Degeneration so abstoßend, dass sie nicht in der Lage war, diesen jungen Kommunisten eine neue politische Heimat zu bieten. Deshalb gründeten sie die “Gruppe Leo Trotzki”. Sie vertraten als eine von wenigen Organisation konsequent eine revolutionäre Position zur imperialistischen Intervention in Afghanistan (siehe Theorie und Aktion Nr. 2). Neben Propagandatätigkeiten, wie der Herausgabe ihrer Zeitung, widmete sich die Gruppe Leo Trotzki der Diskussion programmatischer Fragen. Nachdem sie sich so politisch konsolidiert hatte, suchte die Gruppe Leo Trotzki nach Partnern für eine Umgruppierung auf der Grundlage fester Prinzipien. Nach der Lektüre des BOLSCHEWIK Nr. 16 und 17 nahmen die Genossen der Gruppe Leo Trotzki zu diesem Zweck den Kontakt mit der Gruppe Spartakus auf.

Zuerst das Programm

Der Fusion vorausgegangen war ein gründlicher programmatischer Diskussionsprozess. In dessen Verlauf zeigten sich u.a. folgende bestehende Übereinstimmungen:

In der Frage des imperialistischen Krieges: Beide Organisationen traten von vornherein prinzipiell für die militärische Verteidigung nicht-imperialistischer Länder gegen imperialistische Angriffe, wie z. B. in Afghanistan seit 2001, ein. Darüber hinaus waren und sind wir grundsätzlich für die Niederlage des Imperialismus und des Hauptfeindes im “eigenen” imperialistischen Land. In Kriegen zwischen imperialistischen Ländern wie dem Ersten Weltkrieg und im Zweiten Weltkrieg zwischen der imperialistisch-faschistischen “Achse Berlin-Rom-Tokio” und den imperialistisch-demokratischen Westalliierten, treten wir als Internationalisten auf beiden Seite für die Niederlage und die Umwandlung des Krieges in einen revolutionären Klassenkrieg ein. In der Anwendung der permanenten Revolution und der leninistischen Position zur nationalen Frage in Regionen mit vermischten Völkerschaften (Israel/ Palästina, Nordirland, Bosnien etc.):

In diesen Fällen ist eine Beseitigung des nationalen Haders auf Grundlage zweier getrennter bürgerlicher Staaten nicht möglich. In Israel/Palästina z. B. äußert sich dies im Kern in der Perspektive eines binationalen Arbeiterstaates im Rahmen einer sozialistischen Föderation des Mittleren und Nahen Ostens. In Folge dieser Übereinstimmung in einer Gretchenfrage der deutschen Linken druckte die Gruppe Leo Trotzki in der Phase brüderlicher Beziehungen mit der Gruppe Spartakus deren Artikel “Palästina und Permanente Revolution” in ihrer Theorie und Aktion Nr. 3 ab.

In der Ablehnung von Propagandablöcken und der strategischen Einheitsfront einerseits und der richtigen Anwendung der Einheitsfront als Taktik andererseits: Ausführlich sind die Vorstellungen der IBT zur Anwendung der Einheitsfronttaktik durch die revolutionäre Partei dargestellt u.a. in: “Building the Revolutionary Party and United Front Tactics” und “Reformismus, Antifaschistischer Kampf und Revolutionäre Bündnispolitik

In diesem Zusammenhang stimmten beide Gruppen auch darin überein, unter welchen konkreten Umständen bürgerlichen Arbeiterparteien eine sogenannte kritische Wahlunterstützung erteilt werden kann (siehe BOLSCHEWIK Nr. 18, “Kritische Wahlunterstützung als revolutionäre Taktik“).

Im Verständnis des Übergangsprogramms: Das Übergansprogramm wurde von Trotzki und der Vierten Internationale als Einheit bzw. System von Übergangsforderungen konzipiert. Deshalb lehnen wir die pabloistische Methodik ab, das Übergangsprogramm in seine einzelnen Forderungen zu zerlegen und nur die als massenopportun angesehenen zu propagieren, während man den Rest des Programms vor der Arbeiterklasse versteckt. Im bewussten Zusammenhang des ganzen Programms erhalten die einzelnen Losungen eine revolutionäre Dynamik. Nur kombiniert mit der Propagierung des ganzen Übergangsprogramms durch die kommunistische Partei und Gewerkschaftsfraktion kann die praktische Umsetzung einzelner Forderungen in bestimmten Klassenkampfsituationen die Arbeiter dazu bringen, aus ihren Erfahrungen die richtigen, revolutionären Schlüsse zu ziehen. Das Übergangsprogramm hat seine Grundlage in der Reife der objektiven Bedingungen des Sozialismus, und seine Aufgabe ist es, die subjektive Unreife des Proletariats zu überwinden, um es zum Sturz des Kapitalismus zu führen. Als solches betrachten wir das Übergangsprogramm in der ganzen Epoche des Imperialismus als gültig.

In der Frage der Verteidigung der bürokratisch degenerierten und deformierten Arbeiterstaaten: Nicht nur während des Zweiten Weltkrieges war es die Pflicht von Revolutionären, die Sowjetunion zu verteidigen. Auch später wurde diese Frage eine Nagelprobe für Trotzkisten.

In dem militärischen Konflikt zwischen der UdSSR und den CIA-gesponserten Mudschaheddin in Afghanistan nach 1979 traten wir für die bedingungslose Verteidigung der Sowjetunion ein, ohne dabei stalinophile Illusionen in die Sowjetbürokratie zu haben und zu schüren. Im Falle Polens 1981 traten beide Gruppen für die militärische Unterstützung derjenigen Maßnahmen der Stalinisten ein, die sich gegen die kapitalistischen Restaurateure in Solidarnosc richteten. Dabei verwechseln wir nicht die Verteidigung proletarischer Eigentumsformen mit einer politischen Unterstützung der Stalinisten und übernehmen daher keine Verantwortung für deren Politik. Notwendig war vielmehr der Aufbau einer revolutionären Partei, die für den Sturz der Stalinisten durch proletarisch-politische Revolution eintritt. Der Sieg Jelzins über die Putschisten des Notstandskomitees markierte im August 1991 das Ende des sowjetischen degenerierten Arbeiterstaates. Die Auflösung der UdSSR und ihrer Planungsbehörde, die Einführung der Marktwirtschaft, die Privatisierung von Industrie und Landwirtschaft waren die logische Folge des politischen und militärischen Sieges von Formationen, die der Einführung und Durchsetzung kapitalistischer Eigentumsverhältnisse verpflichtet waren. Gegen diesen Sieg der kapitalistischen Konterrevolution mussten Trotzkisten den Putschisten militärische Unterstützung gewähren.

Erst Klarheit, dann Einheit

Einen wichtigen Teil der Diskussionen nahm zu Beginn die Kritik der Gruppe Spartakus an der Spartakist Arbeiterpartei Deutschlands ein. Die Genossen der Gruppe Leo Trotzki lehnten Auftreten und Organisationsmethoden der SpAD von vornherein ab und waren an einer darüber hinaus gehenden Kritik der SpAD-Politik besonders interessiert. Im Mittelpunkt stand dabei die DDR-Intervention ab 1989 der SpAD bzw. ihrer Vorläufer. Diese zeichnete sich durch die wirklichkeitsfremde Annahme einer sich angeblich aktuell vollziehenden, politischen proletarischen Revolution einerseits und eine opportunistische Anbiederung an die SED bzw. PDS andererseits aus (eine ausführliche Kritik siehe Trotzkistisches Bulletin Nr. 1 “Die SpAD in der DDR: Opportunismus in revolutionärer Verkleidung“). Aber auch aktuelle Abweichungen der SpAD und ihrer Dachorganisa-tion Internationale Kommunistische Liga wurden diskutiert: Insbesondere deren explizite Weigerung, angesichts des imperialistischen Überfalls auf Afghanistan die Niederlage der Imperialisten zu propagieren. Dieser Opportunismus stand in klarem Kontrast zu der prinzipienfesten Position von Gruppe Leo Trotzki und Gruppe Spartakus.

In offenen Diskussionen wurden auch die strittigen politischen Fragen geklärt – von denen besonders zwei erwähnenswert sind.

NATO, UCK und “Unabhängiges Kosova”

Beide Gruppen stimmten zunächst überein, dass sich die UCK kurz nach Beginn des NATO-Bombardements der NATO militärisch unterordnete. Die Gruppe Leo Trotzki hielt aber im Unterschied zu den Genossen der Gruppe Spartakus zunächst an dem Ruf nach Unabhängigkeit als unmittelbarer Losung fest – mit der Begründung, dass die intervenierenden Imperialisten bei der Konferenz in Rambouillet selbst ihr Diktat gegen die Unabhängigkeit des Kosova verkündet hätten. Schließlich kamen wir darin überein, dass der Ruf nach Unabhängigkeit als unmittelbare Forderung bedeutet hätte, für den unmittelbaren Rückzug der serbischen Truppen aus dem Kosova zu kämpfen. Dies wiederum hätte in Abwesenheit irgendeiner Fraktion der kosova-albanischen Nationalbewegung, die gegen den Imperialismus kämpft, schlicht und ergreifend bedeutet, den Boden für die imperialistische Besatzung frei zu räumen. Damit hätten Kommunisten nicht nur die Verteidigung Jugoslawiens gegen den Imperialismus, sondern auch das Selbstbestimmungsrecht des Kosova verraten. Die Verteidigung des Rechts auf Selbstbestimmung – besonders durch serbische Kommunisten und Arbeiter – wäre wichtig gewesen, um die albanischen Massen zu erreichen und zu gewinnen. Aber es war unzulässig, darüber hinaus zu gehen, indem man unmittelbar die Unabhängigkeit forderte, nachdem sich die einzig sichtbare Führung der kosova-albanischen Nationalbewegung, die UCK, der NATO nicht nur politisch sondern direkt militärisch untergeordnet hatte. Unsere Verteidigung Serbiens gegen den Imperialismus verneint natürlich nicht das Recht der albanischen (wie jeder anderen) Nationalität auf Selbstverteidigung gegenüber “ethnischen Säuberungen”, Pogromen etc..

Immigration, Offene Grenzen und nationales Selbstbestimmungsrecht

In der programmatischen Deklaration der BT “Für den Trotzkismus!” wurde folgende Passage aus dem Kapitel “Immigration/Emigration” diskutiert:

“Leninisten unterstützen das demokratische Recht aller Menschen, in jedes Land dieser Welt zu emigrieren. Wie bei anderen demokratischen Rechten ist dies jedoch kein kategorischer Imperativ. Wir sind nicht für die Emigration von Leuten, die z.B. die militärische Sicherheit der degenerierten oder deformierten Arbeiterstaaten bedrohen. Das Recht der individuellen Immigration kann, wenn es im großen Maßstab wahrgenommen wird, mit dem Selbstbestimmungsrecht einer kleinen Nation kollidieren. Deshalb verwenden Trotzkisten den Aufruf für “offene Grenzen” nicht als generelle programmatische Forderung. In den 30er und 40er Jahren in Palästina z.B. legte der massive Zustrom infolge der zionistischen Immigration die Basis für die gewaltsame Vertreibung der Palästinenser von ihrem eigenen Land.”

Die Genossen der Gruppe Leo Trotzki vertraten die Position, dass die jüdische Immigration auf der Flucht vor Massenvernichtung nach Palästina in den 30er und 40er Jahren dem gegenüber gerade ein Beispiel zugunsten der Forderung von offenen Grenzen ist. In diesem Zusammenhang unterschieden sie deutlich zwischen einer generellen Politik der “Offenen Grenzen” als utopischer politischer Strategie und besonderen Fällen, in denen die Forderung nach offenen Grenzen gleichbedeutend mit der Losung “Keine Einwanderungsbeschränkungen” sei – wie z.B. der Ruf der amerikanischen SWP nach offenen Grenzen für die von den Nazis verfolgten europäischen Juden.

Die Genossen beider Gruppen stimmten darin überein, dass sie alle bürgerlichen und alle rassistischen oder diskriminierenden Einwanderungsbeschränkungen ablehnen. In der Diskussion klärten sie, dass es ein wesentlicher Unterschied ist, ob das Recht auf Immigration in Widerspruch zu einem höheren programmatischen Prinzip (wie der Verteidigung von Arbeiterstaaten) steht oder ob es in Konflikt mit einem anderen demokratischen Recht gerät. So könne z. B. das Recht der Juden auf Immigration und das nationale Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser nicht nur unter der britischen Mandatsherrschaft sondern generell auf kapitalistischer Grundlage und unter bürgerlicher Führung (Zionisten gegen Mufti oder palästinensische Nationalisten) miteinander kollidieren. Das bedeute aber nicht, dass Kommunisten das eine demokratische Recht dem anderen unterordnen. Sie sind nur nicht so naiv, den Konflikt unter einen Teppich schöner utopischer Floskeln zu kehren.

Die Genossinnen und Genossen der Gruppe Spartakus hoben zum einen hervor, dass der trotzkistische Kampf für die Öffnung von Grenzen für jüdische Flüchtlinge sich hauptsächlich auf große Länder wie die USA bezog – ein Kampf bei dem die zionistischen Organisationen sie schmählich im Stich ließen, weil ihnen ihr nationalistisches Projekt wichtiger als die Rettung von Millionen Juden war. Darüber hinaus betonte die Gruppe Spartakus, dass der beste Weg zur Rettung der dennoch nach Palästina fliehenden Juden darin bestand, die palästinensischen Arbeiter und armen Bauern für ihre Sache zu gewinnen, d.h. für einen gemeinsamen Kampf gegen den britischen Imperialismus, der die Immigrationsquoten festlegte. Aber dies wäre nicht erleichtert worden, indem man einfach die Forderung nach offenen Grenzen aufstellte, weil sich die Palästinenser angesichts des reaktionären Einflusses der Zionisten durch die Einwanderung bedroht sahen. Eine solche Politik wäre unfähig gewesen, die palästinensischen Massen von ihren reaktionären Führern zu brechen. Durch diese Politik wäre also für die Juden nichts gewonnen gewesen. Da aber der britische Imperialismus nicht nur die Einwanderungsbeschränkungen durchsetzte sondern auch die Palästinenser national unterdrückte, war es nötig und möglich, dass Revolutionäre eine geschickte Agitation entwickelten, die beiden demokratischen Rechten Rechnung trug und sie in ein Programm des gemeinsamen Klassenkampfes integrierte, um so dem möglichen Konflikt den Boden zu entziehen. Denn nur ein Programm des gemeinsamen Klassenkampfes gegen den britischen Imperialismus und für die permanente proletarische Revolution hätte in den 30er Jahren den Weg zur Verwirklichung beider demokratischer Rechte öffnen können.

Kommunisten sind nicht so pessimistisch, dass sie glauben, die jüdischen Arbeiter und Bauern könnten ihren bornierten zionistischen Standpunkt bzw. ihre palästinensischen Klassenbrüder könnten den bornierten nationalistischen Standpunkt ihrer feudalen und kapitalistischen Herren nicht überwinden. Kommunisten sind aber so realistisch, dass sie wissen, dass ohne gemeinsamen Klassenkampf beiden eine Katastrophe droht. Diese Analyse wurde durch die Geschichte leider bestätigt.

Hinter der bedingungslosen antideutschen Unterstützung des Zionismus ebenso wie hinter dem Konzept der arabischen Revolution in Palästina steckt ein historischer Pessimismus gegenüber den Möglichkeiten des gemeinsamen Klassenkampfes. Sie drehen so nur mit an einer Spirale, die den Palästinensern Elend und Unterdrückung und den Juden ein bedrohtes Leben in einem großem Getto bietet, das auf Dauer nur durch imperialistische Protektion erhalten wird.

Diesen mutlosen Konzepten, deren Perspektiven über die Vorgaben des bürgerlichen Nationalismus nicht hinausgehen, stellen wir das kühne trotzkistische Programm entgegen, das die berechtigten nationalen Erwartungen mit einem gemeinsamen Klassenkampf gegen jede Ausbeutung und Unterdrückung verbindet:

“[…] 3. Die Brücke vom jüdischen Nationalismus zum Klassenkampf

Die Schläge, die den Juden in einem Land nach dem anderen versetzt werden, haben zu einem Wiederaufleben der zionistischen Bewegung und der von vielen vorgeschlagenen nationalen Lösung für die Juden geführt. Was ist unsere Haltung gegenüber Palästina als einem Heimatland für die Juden? Die Vierte Internationale hat sich die Unterstützung des Proletariats für den Kampf unterdrückter Nationalitäten um Selbstbestimmung auf ihr Banner geschrieben. Aber die internationale Zerstreuung der Juden schafft ein besonders Problem, das es in dieser Form für keine andere Nationalität gibt. Palästina ist ein Land, dass bereits von einem einheimischen Volk, den Arabern, bewohnt wird. Palästina, als Teil der kapitalistischen Welt betrachtet, kann nichts anderes sein, als der Spielball des Imperialismus, in der gegenwärtigen Zeit insbesondere des britischen Imperialismus. Die Geschichte Palästinas in der Generation seit dem Krieg war genau die gleiche Geschichte der Klassenausbeutung, wie in allen kapitalistischen Ländern. Die Arbeiter in Palästina haben alle Übel des Kapitalismus zu erleiden gehabt. Wir knicken keineswegs gegenüber dem jüdischen Nationalismus ein und betonen folglich all diese Tatsachen. Aber wir müssen versuchen, eine Brücke zu bauen zwischen den unterdrückten jüdischen Massen, die zum jüdischen Nationalismus tendieren und dem Proletariat, insbesondere seiner Vorhut in der Vierten Internationale. Wir müssen den jüdischen Nationalisten klarmachen, dass es selbst zur Durchführung ihres Ideals, ihrer Lösung, notwendig ist, zuerst die Welt des Kapitalismus zu beseitigen. Die Lösung der nationalen jüdischen Frage und der sozialen Frage der Arbeiterklasse ist eine gemeinsame: die Überwindung des Kapitalismus. Die Juden sind in einer unlösbaren Sackgasse angelangt, weil der Kapitalismus in einer Sackgasse angelangt ist. Nur durch den Klassenkampf werden die Juden einen Weg in die Zukunft finden. In dem wir eine solche Brücke bauen, können wir Lenins Ziel erreichen, dessen Akzeptanz der Formel von der Selbstbestimmung neben anderen Dingen ein weiteres Mittel zur Mobilisierung aller Unterdrückter Seite an Seite mit den Arbeitern gegen den das kapitalistische System bedeutete. Nationale Unterdrückung ist nicht die geringste Form der kapitalistischen Unterdrückung.

4. Der Kampf für eine uneingeschränkte Einwanderung Angesichts der schrecklichen Not der Juden muss es ein spezieller Punkt im Programm der verschiedenen Sektionen der Vierten Internationale sein, gegen alle Einschränkungen der Immigration, speziell der jüdischen Immigration zu kämpfen. In den USA müssen wir gegen die Errichtung solcher Hindernisse kämpfen, wie den Zwang, durch das Vorzeigen von Geld oder eidesstattlichen Versicherungen zu beweisen, dass der Einwanderer keine Belastung für die Allgemeinheit wird. Ein Teil unseres Einsatzes gegen den Antisemitismus muss die Form eines Kampfes für ein uneingeschränktes Einwanderungsrecht für Flüchtlinge und speziell für Juden annehmen. […]”

(Dokumente der Sitzung des Nationalen Komitees der SWP in New York, 22-25. April 1938, Thesen zur jüdischen Frage)

Vereinigung

Auf der Grundlage dieser politischen Gemeinsamkeiten nahmen beide Gruppen brüderliche Beziehungen auf. In deren Verlauf wurde eine gemeinsame politische und taktische Linie zur Intervention in die Palästinenser-Demonstrationen im Frühjahr 2002 und in die 1.Mai-Demonstrationen entwickelt. Dies ging einher mit einer gemeinsamen Wahlposition. Gegen die Versuche der DGB-Bürokraten, bei den Veranstaltungen zum 1. Mai Schröder Schützenhilfe zu leisten, trugen Gruppe Spartakus und Gruppe Leo Trotzki Plakate mit den gemeinsam verabschiedeten Losungen:

“Krieg, Rassismus, Sozialabbau: Keine Stimme für SPD und PDS! SPD und PDS regieren für den deutschen Imperialismus! Feuert die reformistische Gewerkschafts-führung!”

Auf einem gemeinsamen nationalen Treffen der Gruppe Spartakus und der Gruppe Leo Trotzki wurde die Fusion beider Gruppen zu einer gemeinsamen nationalen Organisation beschlossen.

Diese Organisation ist deutsche Sektion der Internationalen Bolschewistischen Tendenz. Die politische Grundlage der Vereinigung sind das Programm und die Publikationen der IBT sowie folgende Artikel der Gruppe Leo Trotzi (erschienen in ihrer Zeitung “Theorie und Aktion”): “Verteidigt Afghanistan, verteidigt demokratische Rechte!“, “Rivalitäten unter Räubern – eine Analyse“, “Der Krieg nach innen und die deutsche Antikriegsbewegung” und “Drei Fragen, drei Antworten“. Diese Erfahrung bestärkt die beteiligten Genossen darin, dass wir trotz widriger Umstände nicht den Glauben daran verloren, dass eine vernünftige und ehrliche programmatische Auseinandersetzung im Rahmen der Normen der Arbeiterdemokratie der beste Weg ist, die Kader zu gewinnen und zu erziehen, welche den Kampf für eine zukünftige rationale Gesellschaft frei von Ausbeutung und Unterdrückung führen werden.