Trotzkismus versus Castroismus
Der folgende Text ist eine leicht überarbeitete Version der Ausführungen eines Unterstützers der IBT auf einem Kuba Solidaritätstreffen am 20. Juli 2012 in Hartford, Connecticut, das gemeinsam von Socialist Action und der Socialist Workers Party (SWP) unterstützt wurde. 1963 wurden die Führer der Revolutionären Tendenz (RT) in der SWP, deren politische Positionen die IBT bis heute teilt, wegen ihrer Opposition gegen die politische Unterstützung für Fidel Castro und die kubanische Kommunistische Partei aus der vorgeblich trotzkistischen SWP ausgeschlossen. Die RT charakterisierte Kuba korrekterweise als einen deformierten Arbeiterstaat, qualitativ nicht anders als China, Vietnam usw. In den 1980er Jahren schwor die SWP, unter der Leitung von Jack Barnes, formal dem Trotzkismus ab, blieb aber weiterhin auf Schmusekurs gegenüber Castros stalinistischem Regime. Im Zuge der „Wende“ weg von jeder Vorspiegelung von Trotzkismus wurden viele ehemalige Kader der SWP ausgeschlossen, von denen einige Socialist Action gründeten.
Ich bin Unterstützer der Internationalen Bolschewistischen Tendenz. Als Trotzkisten verteidigen wir die Errungenschaften der kubanischen Revolution in den Bereichen Bildung, Unterkunft und Gesundheit. Der Grund dafür, dass keine der Volkskrankheiten und die verzweifelte Armut, die im Rest der Region so verbreitet sind, dort existiert, besteht darin, dass die kubanische herrschende Klasse während der Revolution enteignet wurde und jetzt in Miami wohnt, statt in Havanna. Als revolutionäre Sozialisten fordern wir natürlich die sofortige Freilassung der Cuban 5 [die von Gerichten der USA verurteilt wurden, konterrevolutionäre kubanische terroristische Organisationen infiltriert zu haben und die zu Unrecht inhaftiert wurden].
Allerdings kann unsere Haltung gegenüber Kuba nicht unkritisch sein. Wie Socialist Action sagte: „Ein wesentlicher Bestandteil unserer Verteidigung der Revolution ist, die Wahrheit über sie zu sagen“ („The Cuban Revolution—Beleaguered but Undaunted“). Die Wahrheit ist, dass, anders als die russische Revolution von 1917, die kubanische Revolution nicht durch eine proletarische Partei geführt wurde. Als Ergebnis litt sie von Anbeginn an schweren Verformungen. Vielleicht ist die eklatanteste die Abwesenheit von Arbeiterdemokratie. Es ist bezeichnend, dass die Anhänger der vorgeblich trotzkistischen Partido Obrero Revolutionario (POR) am 18. August 1962 durch das Castro-Regime verhaftet wurden und erst frei kamen, als sie sich vom Kampf für ihre Ideen lossagten. Das war klassischer Stalinismus.
Seit Jahrzehnten hat die Castro-Führung für die „sozialistische Familie“ geworben, wie jedes andere stalinistische Regime. Kubas Verfassung von 1976 formalisierte das politische Monopol der Kommunistischen Partei als „die höchste führende Kraft der Gesellschaft und des Staates“. Die Partei führte ihren ersten Kongress nicht vor 1975 durch – 16 Jahre, nachdem Castro an die Macht gekommen war. Das Treffen endete in klassisch stalinistischen Stil, mit einem einstimmigen Votum für die Parteiführung.
Allerdings sieht Socialist Action die Castro-Clique als revolutionäre Internationalisten. Die nützliche Arbeit der kubanischen Ärzte im Ausland und Kubas Rolle bei der Vertreibung der südafrikanischen Apartheid-Armee aus Angola in den 1970er Jahren kann nicht geleugnet werden. Auf der anderen Seite unterstützte Castro die Invasion der Tschechoslowakei durch sowjetische Panzer im Jahre 1968 und Kuba hat die Glaubwürdigkeit der zahlreichen kapitalistischen Regierungen in Lateinamerika gestützt.
Als der Papst 1998 Kuba besuchte, wies Fidel Castro auf die vermeintliche Ähnlichkeit zwischen Sozialismus und Katholizismus bei der Förderung der „gerechten Verteilung von Wohlstand und Solidarität unter den Menschen“ (Granma, englische Ausgabe, 22. März 2012). Ein revolutionäres Regime könnte das nicht dulden.
Socialist Action versucht, die unschöne Wahrheit über das kubanische Regime als von einem stalinistischen bürokratischen Flügel (ursprünglich mit der Sowjetbürokratie verbunden) hervorgerufen zu entschuldigen, gegen den der vermeintlich revolutionäre Castro-Flügel kämpft.
Die Sowjetunion existiert seit 20 Jahren nicht mehr und nur sehr wenig hat sich innerhalb der Bürokratie geändert. Der Grund, warum das kubanische Regime dem anderer deformierter Arbeiterstaaten (wie China und Vietnam) so ähnlich ist, besteht darin, dass sie alle von siegreichen, sich auf die Bauern stützenden Aufständen geschaffen wurden, in dem die politisch bewusste Arbeiterklasse keine bedeutende Rolle spielte – im Gegensatz zur Revolution der Bolschewiki im Jahr 1917.
Die Verwandlung von [SWP-Gründer James P.] Cannons SWP in den bizarren Barnes-Kult begann mit der unkritischen Huldigung Castros und der Guerilla-Methode als praktikable Alternative zur auf das Proletariat fokussierten Strategie in Trotzkis Übergangsprogramm. Die Pflicht von Revolutionären heutzutage besteht darin, keine Illusionen in irgendeinen Flügel der Kommunistischen Partei Kubas zu schüren, sondern die Arbeiter auf die Notwendigkeit hinzuweisen, die Bürokraten zu stürzen und Organe direkter proletarischer Herrschaft zu errichten.
— Aus 1917 Nr. 35, 2013