Rechte Politik und Kapitulation der Partei DIE LINKE
Der Wahlsieg der CDU/CSU markiert einen Rechtsruck, der von einem aggressiveren Auftreten des deutschen Imperialismus nach innen und außen begleitet wird. Mithilfe der bürgerlichen Arbeiterpartei SPD, deren Verbundenheit zur Gewerkschaftsführung ein wichtiger Aspekt für die Schließung der Regierungskoalition ist, wird die deutsche Bourgeoisie ihre gute Stellung in der Weltmachtkonkurrenz mit anderen imperialistischen Mächten ausbauen wollen. Dafür benötigt sie Ruhe an der Heimatfront. In Deutschland funktioniert das aktuell mit einem Wohlstandschauvinismus, der sich gegen die EU-Krisenregionen im Süden Europas richtet, und mit neuen rassistischen Mobilisierungen gegen Flüchtlingsunterkünfte für Menschen, die vor den Kriegen in Syrien und Libyen fliehen, oder aufgrund der Verelendung und Ausplünderungspolitik der Imperialisten in Afrika ihre Heimat verlassen.
Die Wirtschaft der EU befindet sich insgesamt weiterhin in einer Krisensituation. Merkel konnte aber recht gelassen ihren Wahlkampf führen, da sie dafür gelobt wurde, dass die deutsche Wirtschaft von dieser Krise in erster Linie profitierte.
Doch es gibt in Deutschland seit Jahren eine massive soziale Polarisierung. Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander, was zum einen in der Logik des Kapitalismus, und zum anderen in der kontinuierlichen Fortsetzung der Agenda-2010-Politik der SPD-Grünen-Regierung begrϋndet ist. Die SPD-Grϋnen-Koalition sorgte von 1998 bis 2005 dafür, dass der deutsche Imperialismus an allen Fronten „modernisiert wurde“, was für die Arbeiterklasse eine erhebliche Verschlechterung ihrer Lebenssituation bedeutete. Sowohl die Große Koalition danach als auch die letzte Schwarz-Gelbe-Regierung konnten die Umverteilung von unten nach oben ungebremst fortsetzen. Gegenwehr gab es nur vereinzelt durch Streiks in Betrieben und sozialen Einrichtungen.
Das Kräfteverhältnis zwischen einer immer stärkeren Bourgeoisie und der Arbeiterklasse, deren Führung aus DGB, SPD und Teilen der Partei DIE LINKE (PdL) besteht, neigt sich schon seit Langem zugunsten der Herrschenden. Diese Reformisten machen sich vor allem Sorgen um den Wirtschaftsstandort Deutschland und agieren als Helfer für die Bourgeoisie, indem sie einen klassenkämpferischen Widerstand gar nicht erst ansprechen, geschweige denn praktisch angehen.
Mit der Etablierung eines großen Niedriglohnsektors konnte für das Kapital die Profitrate gesteigert werden. Im Zusammenhang mit der Debatte um einen Mindestlohn, angestimmt durch die Forderung von 8,50 Euro, die nicht einmal existenzsichernd ist, konnte man das Ausmaß der Entwicklung beobachten. Ganze Branchen leben davon, Arbeiter, viele davon Frauen und Nicht-Deutsche, mit Löhnen, die nicht zur Reproduktion reichen, abzuspeisen. Weiterhin gibt es 41 Tarifverträge, in denen weniger als 8,50 Euro vereinbart sind. Mit der Einführung der Rente mit 67 und dem Ausbleiben erfolgreicher Lohn- und Arbeitsplatzkämpfe in den Branchen, in denen die Gewerkschaften einen guten Organisationsgrad und Rückhalt haben, verschärfte sich die soziale Lage für die gesamte Arbeiterklasse in Deutschland. Armut, Hunger und Obdachlosigkeit sind im Vormarsch, während die Gewinne von Banken und Konzernen nach dem Einbruch um 2008 wieder wachsen.
Das Klassenbewusstsein weiter Teile der multinationalen Arbeiterklasse ist im Niedergang begriffen. Viele der Arbeiter, die objektiv ein Interesse an einem Kampf gegen weiteren Lohn- und Sozialraub haben, wenden sich zynisch von Gewerkschaften und Parteien wie SPD oder PdL ab, da diese praktisch nichts tun, um ihre Interessen zu vertreten. Die bürgerlichen Medien haben ein offensichtliches Interesse daran, zu verhindern, dass die Arbeiter sich als Klasse definieren, und sind damit recht erfolgreich. Hartz IV, Langzeitarbeitslosigkeit oder Niedriglohnjobs sorgen für Isolierung und den Abbau von Selbstbewusstsein innerhalb breiter Schichten der Lohnabhängigen.
Alternative für Deutschland: Arbeiterfeindliches Gesindel
Am rechten Flügel des Parteienspektrums ist mit der Alternative für Deutschland (AfD) eine neue politische Partei aufgetaucht, die mit einer reaktionären Kritik an EU und Euro zwar nur den Minderheitenflügel der deutschen Bourgeoisie repräsentiert, aber den Anschluss an die rückständigen Teilen der Gesellschaft sucht.
Die AfD ist eine reaktionäre, arbeiterfeindliche Partei. In der Parteiführung gibt es eine ganze Reihe von Politikprofis, die eine Karriere im Wissenschafts- oder Politikbetrieb hinter sich haben. Einige fielen entweder durch die Forderung, Rentnern und Arbeitslosen das Wahlrecht zu entziehen, auf, oder sie waren Mitunterzeichner des Hamburger Appells, der 2005 weiteren Sozial- und Lohnraub einforderte. Nach ihrem Verständnis war die Agenda 2010 gut, jedoch nicht gut genug zur Sanierung der Profite für die deutsche Bourgeoisie.
An der Parteibasis ist dagegen eine Mischung von Rassisten und Faschisten zusammengekommen, die enttäuscht von der Entwicklung der NPD, der Pro-Bewegung oder der Jungen Freiheit sind, und sich nach neuen Spielwiesen umschaut. Auch aus dem Milieu der rechten, für faschistische Ideen offenen Studentenverbindungen oder Burschenschaften, kommt Personal für den Parteiaufbau. Die AfD ist auch nicht sonderlich selektiv, was ihre Mitglieder angeht, weshalb nahezu jeder Stammtisch-Experte oder braune Hosenscheißer willkommen ist.
Die PdL: Der neue linke Flügel des deutschen Imperialismus?
340.000 Stimmen für die AfD kamen von ehemaligen PdL-Wählern. Die Partei verlor über 25% ihrer Stimmen im Vergleich zur letzten Wahl, und das hat handfeste Gründe. Mit ihrer Anbiederung an SPD und Grüne machen sie sich in den Augen ihrer Wähler überflüssig. Der linke Flügel vertritt ein unglaubwürdiges Reformprogramm, das er ohne klassenkämpferische Mobilisierungen, sondern nur mit einer parlamentarischen Mehrheit, umsetzen will.
Kurz nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses kam eine Debatte auf, die zu suggerieren versuchte, es gäbe im Bundestag eine linke Mehrheit aus SPD, Grünen und PdL. Das war nicht nur absurd, sondern zeigte vor allem, wie stark Reformismus und Parlamentarismus einer klassenkämpferischen Alternative im Weg stehen.
Die Ankündigung der SPD auf ihrem Bundesparteitag Mitte November 2013, „in Zukunft“ auch mit der PdL koalieren zu wollen, hat auch mit der Tatsache zu tun, dass die PdL sich in den Fragen der Außenpolitik in Richtung bürgerliche Mitte bewegt hat. So war mit Stefan Liebich ein bekannter Parteirechter der PdL bei einem imperialistischen Thinktank-Treffen dabei, auf dem mehr als ein Jahr lang über eine gröβere Rolle des deutschen Imperialismus in der Weltpolitik debattiert wurde.
Offensichtlich hat die PdL ein Interesse an einer gestärkten Weltmachtrolle der deutschen Bourgeoisie. So forderte die Parteiführung lautstark Sanktionen gegen Großbritannien und das Aussetzen des Freihandelsabkommens mit den USA im Zusammenhang mit dem Bekanntwerden der sogenannten Spähaffäre des US-Geheimdienstes NSA gegen alle Nutzer des Internets und die Überwachung der Kommunikation der Bundeskanzlerin.
Die Freude der PdL, nun salonfähig geworden zu sein – kürzlich erst verhandelte man in Hessen wochenlang mit SPD und Grünen über eine Landeskoalition – ist aber nicht nur ein Produkt der jahrelangen Wühlarbeit der Parteirechten um das Forum demokratischer Sozialismus (FDS), sondern der Wunsch aller Strömungen der Partei, endlich auch bundesweit regierungsfähig zu werden.
Das Schlagwort für diese Rechtsentwicklung der PdL hin zur bürgerlichen Regierungsfähigkeit auf Bundesebene heißt „Politikwechsel“. Es war das Einfallstor bis in die Parteilinke um die Antikapitalistische Linke (AKL), um die Beteiligungen an bürgerlichen Regierungen zu rechtfertigen. Während die AKL noch sozialistische Floskeln bemϋht, um ihr eigenes Verbleiben innerhalb der PdL zu rechtfertigen, ist der Mehrheit der Mitglieder längst eine soziale Ausrichtung ihrer Partei vollkommen ausreichend.
Lampedusa: Von einer Tragödie zum Widerstand
Das Ertrinken von Flüchtlingen im Mittelmeer findet zum gröβten Teil unbeobachtet statt. Über 10.000 Flüchtlinge wurden schon tot aus dem Mittelmeer geborgen, der wichtigsten Fluchtroute für Opfer der imperialistischen Verwϋstung der kolonialen und halb-kolonialen Welt. Anfang Oktober 2013 schaffte es dann eine dieser Tragödien in die Schlagzeilen. Die Toten vor Lampedusa sind ein Produkt einer immer effektiveren Abwehr von Flüchtlingen.
Die EU ist eine rassistische und imperialistische Festung. Es ist ein rassistischer Krieg gegen Flϋchtlinge im Gange, der von Frontex, einer Organisation, die im Auftrag aller europäischen Regierungen handelt, geführt wird. Frontex wurde vom EU-Parlament geschaffen, um die EU-Außengrenzen militärisch abzuschotten. Die Erfolge sind offensichtlich: Ertrunkene Flüchtlinge sind schlimm, die Überlebenden aber eine Bedrohung für Europa und müssen schnell wieder verschwinden.
Drohnen, Satelliten oder bewaffnete Schnellboote werden auf die wehr- und mittellosen Flüchtlinge angesetzt.
“Wie der Zaun zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko ist dieses System, bekannt als Eurosur, ein Traum für Sicherheitshardliner und die weltweite Waffenindustrie.”
– New York Times, 07.10.2013, nytimes.com/2013/10/08/opinion/the-graveyard-at-europes-doorstep.html
Doch in der Festung Europa regt sich Widerstand. Der Kampf der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ sorgte europaweit für Aufsehen. Diese Flüchtlinge waren Opfer der imperialistischen Intervention in Libyen und wollen auch als solche wahrgenommen werden. „Wir haben nicht den Krieg in Libyen überlebt, um auf Hamburgs Straßen zu sterben“, ist eine Botschaft der Flüchtlinge, die in Hamburg für eine beispiellose Solidaritätswelle sorgte, trotz rassistischer Hetze des Hamburger Senats, allen voran des SPD-Oberbürgermeisters Olaf Scholz, der Unterstützern strafrechtliche Verfolgung androhte.
Für Aufsehen sorgte hierbei ein massiver Polizeieinsatz in den Stadtteilen, in denen die Flüchtlinge lebten. Mit rassistischen Polizeikontrollen wollte man an die Identitäten der Flüchtlinge kommen, damit die Behörden auch wissen, wen sie wohin abschieben könnten.
Wir haben keine Illusionen in einen menschenfreundlichen Senat, der doch bitte Herz statt Paragrafen gegenüber den Flüchtlingen anwenden soll. Notwendig sind vielmehr klassenkämpferische Mobilisierungen, aufbauend auf der breiten Solidarität in den Stadtteilen, die für die Flüchtlinge ein uneingeschränktes Aufenthaltsrecht, die Arbeitserlaubnis und volle Staatsbϋrgerrechte erkämpfen.
Nieder mit der rassistischen Festung Europa!
Gegen jede rassistische Einwanderungsbeschränkung, gegen jede Abschiebung!
Nein zu Frontex und Eurosur!
Weg mit Residenzpflicht, Dublin II-Verordnung, Drittstaatenregelung!