Eine Partei greift nach der Macht
Grünes Gift für die Linke und Arbeiterbewegung
Die Partei Bündnis 90/Die Grünen ist in den letzten Jahren von einer wichtigen Stütze des Systems zu einem ernstzunehmenden Herausforderer um die politische Führung der bürgerlichen Klasse geworden. In erster Linie hat das damit zu tun, dass klassische grüne Themen hochaktuell sind. Ein weiterer Erfolgsgarant ist ihr Versprechen,die Grundlage des deutschen Wirtschaftsmodells könne im Wesentlichen beibehalten werden. Das macht sie dadurch in allen Wählerschichten populär und für die herrschende Klasse zu einer realen Machtoption. Spätestens mit der Kür von Annalena Baerbock (Grüne) und Armin Laschet (CDU) als Kanzlerkandidaten wurde ein Wahlsieg der Grünen zu einer realistischen Option.
Auf den ersten Blick sind die radikalen grünen Reformen zwar ambitioniert, in Wirklichkeit basieren sie jedoch auf der politischen Lüge, Klimawandel und Umweltzerstörung könnten ohne einen Bruch mit dem Kapitalismus aufgehalten werden. Die Grünen wollen eine Modernisierung des deutschen Imperialismus: liberal, grün, divers. Solche kosmetischen Änderungen sind kompatibel mit dem Kapital.
„Auch Gleichberechtigung und Diversität, wofür Grüne seit jeher kämpfen, sind heute entscheidend für ökonomischen Erfolg: Kaum ein DAX-CEO würde noch abstreiten, dass eine vielfältige Personalpolitik, die Frauen, Männer und Migrant*innen zusammenbringt, entscheidend für die Zukunft deutscher Unternehmen ist.“
– Ulrich Schulte, Die Grüne Macht, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg, 2021, Seite 26.
Kurze Geschichte der Partei
Die Grünen entstanden Ende der 1970er Jahre. Die Partei war ein Produkt der sogenannten 68er-Generation, die nach dem Scheitern ihrer kleinbürgerlichen Utopien in unzählige außerparlamentarische Gruppen zersplitterte. Für den Versuch, die Gesellschaft mit dem Marsch durch die Institutionen zu verändern, wurde eine eigene Partei benötigt. Geprägt war die Zeit von Kämpfen gegen die Umweltzerstörung, gegen den Ausbau der Atomenergie und anderen ökologischen Themen. Es war auch eine Aufgabe dieser neuen Partei, ein Stück weit diese Kämpfe zu befrieden. Mit an Bord der neuen Partei waren von Anbeginn an rechte, nationalistische Umweltschützer, sowie technik- und wissenschaftsfeindliche Strömungen, die mit einer „Zurück zur Natur“-Ideologie auftraten. Auch Anhänger der Esoterik oder der Alternativ-Medizin waren wesentlich vertreten im Spektrum der Gründer der Partei.
„Bei einem Treffen am 17. und 18. März 1979 in Frankfurt-Sindelfingen wird die ‘Sonstige politische Vereinigung Die Grünen’ ins Leben gerufen. Sie ist der Vorläufer der Bundespartei – ein wilder Haufen aus Ökolog*innen jeglicher Couleur. Quistorp erinnert sich in dem Cafè am Savignyplatz an eine ‘Mischung aus Pfarrern, Grafen, Bauern, Unternehmern, Feministinnen und Anti-Atom-Aktivist*innen’. Sie sagt: ‘Der Habitus war eindeutig bürgerlich’. Einer der bekanntesten Protagonisten ist Gruhl, der wenige Monate zuvor unter großer Medienaufmerksamkeit aus der CDU ausgeschieden war und die ‘Grüne Aktion Zukunft’ (GAZ) gegründet hat. Gruhl, ein biederer Familienvater, bringt konservative Umwelt- und Naturschützer mit.“
– Ebenda, Seite 19
Eine wichtige Aufgabe der Grünen war von Anfang an, die Wut und den Zorn der außerparlamentarischen Opposition gegen zügellose Pläne der Atomindustrie ins bürgerlich-demokratische Fahrwasser zu lenken. In Westdeutschland waren zu dieser Zeit mindestens 50 Atomkraftwerke geplant.
Über die Grünen der ersten Generation bis 1990 gibt es klischeehafte Bilder: Joschka Fischer, der in Turnschuhen zum Minister vereidigt wird. Abgeordnete, die im Bundestag mit langen Bärten, unkonventioneller Kleidung und strickend auftreten. Sie waren Außenseiter in einer biederen, konservativen westdeutschen Gesellschaft, in der Hass auf die Existenz der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) und der Sowjetunion zum bürgerlichen Selbstverständnis gehörte, weil es sie tagtäglich an die Niederlage im 2. Weltkrieg erinnerte.
Klassenhass gegen die Sowjetunion
Doch die Grünen waren nie eine ernsthafte Systemopposition und lehnten höchstens einzelne Elemente des Kapitalismus ab. Ihre Gegnerschaft zur imperialistischen Bedrohung der degenerierten und deformierten Arbeiterstaaten im Osten drückte sich hauptsächlich in Form von Pazifismus aus.
Die Ökobilanz der DDR war katastrophal. Der deformierte Arbeiterstaat blieb in seiner Entwicklung zwischen sozialistischer und kapitalistischer Produktionsweise stecken. In den 1970er und 1980er Jahren formierte sich auch in der DDR eine Opposition, die sowohl an der Überwachung durch die Stasi, dem offensichtlichsten Zeichen des undemokratischen Charakters der DDR, als auch an der allgegenwärtigen Verschmutzung der Umwelt Kritik übte. Aus diesen Kreisen formierte sich das Bündnis 90, eine Organisation, die nach der Konterrevolution und dem Ende der DDR mit den westdeutschen Grünen zu Bündnis 90/Die Grünen fusionierte.
Politisch verortete sich die Partei damals noch links, doch war man gegen die Existenz des „undemokratischen“ deformierten Arbeiterstaates DDR. Damit ging eine Zustimmung zur konterrevolutionären Zerstörung der DDR einher, gepaart mit einer leichten Furcht und Warnung vor einem Großdeutschland. 1992 lehnten die Grünen noch den Vertrag von Maastricht ab, der als Grundlage für die heutige Existenz der imperialistischen Europäischen Union gelten kann.
Nach der Konterrevolution: Häutung der Partei
1991 verließen viele Mitglieder die Partei. Unter der Führung von Jutta Ditfurth sollte eine ökosozialistische Partei gegründet werden. Doch nur wenige, die damals mit den Grünen brachen, fanden ihren Weg in die neue Partei. Jutta Ditfurth und ihre Mitstreiter schrieben sich die Finger wund über die vermeintliche Degeneration der Grünen, die nach ihrem Urteil von einer linken system-oppositionellen Partei zu einer bürgerlich angepassten abgesunken war.
Ein korrekter Bestandteil der Analyse der Degeneration war der Hinweis, dass sich in der Partei schon immer esoterische, reaktionäre Strömungen befanden, die zwangsläufig reaktionäre Positionen verbreiteten. Der Weg von einer Befürwortung von Homöopathie und Hausmitteln bei Behandlung von einfachen Krankheiten bis zur allgemeinen Impfgegnerschaft und Ablehnung der sogenannten Schulmedizin war nicht weit. Bis heute schwirren diese Ansätze in der Partei herum. Die Forderung, jegliche kassenärztliche Zuzahlung für Homöopathie zu stoppen, ist in der Partei umstritten und wirkt bis heute polarisierend.
Regierungsbeteiligung 1998-2003
Die Grünen beteiligten sich an verschiedenen Landesregierungen bevor sie 1998 – 2003 zusammen mit der SPD unter Kanzler Gerhard Schröder Teil der Bundesregierung waren. In diesen Zeitraum fällt sowohl die Zustimmung zum Angriffskrieg gegen Rest-Jugoslawien als auch die Verabschiedung der Agenda 2010, dem größten Sozialabbauprogramm in der Geschichte der Bundesrepublik, deren Durchsetzung eine Niederlage für die Interessen aller Arbeiter war.
Um die Frage des Militäreinsatzes gab es in und um die Grünen eine lebhafte Diskussion. Kritiker des Kriegskurses bewarfen Joschka Fischer mit einem Farbbeutel auf dem Bundesparteitag. Das war dann jedoch der letzte Akt der Rebellion, bevor die Partei hier ihre Rolle zur Modernisierung des deutschen Imperialismus spielen durfte.
Ein wichtiger Punkt für die Einschätzung der Grünen ist, dass sie keine Einwände gegen die Agenda 2010 der SPD hatten, außer Vorschläge, diese noch schärfer und arbeiterfeindlicher zu gestalten.
Grüne Themen werden mehrheitsfähig
Die Atomkatastrophe 1986 in Tschernobyl spielte der Anti-Atom-Bewegung in die Karten. Die Grünen hatten ein großes Rekrutierungsfeld und zum ersten Mal war eine grundlegende Position, die Ablehnung von Atomkraft, mehrheitsfähig. 2011 brannte in Fukushima nach einem Tsunami ein weiteres Atomkraftwerk und nun war der Ausstieg aus dieser Form der Energiegewinnung zumindest in Deutschland nur noch parlamentarische Formsache.
Seit Anfang der 1970er Jahre machten grüne Ökologen und bürgerliche Ökonomen auf die Grenzen des Wachstums und der zunehmenden weltweiten Umweltzerstörung in der kapitalistischen Welt aufmerksam. Sie fanden viel Beachtung, ohne dass es große politische Folgen für die kapitalistische Produktionsweise hatte. Hier ein Katalysator für Autos, dort die Auslagerung von umweltschädlichen Produktionen ins neo-koloniale Ausland, und schon waren der Kritik die Spitzen genommen. Doch mit dem stetig steigenden Wissen um den rasanten Klimawandel, der ungebremst das Potential hat, die menschliche Existenz in absehbarer Zeit auf diesem Planeten auszulöschen, wurden grüne Themen brandaktuell.
Mit der Rückkehr in die Opposition auf Bundesebene, und der Regierungsübernahme in dem konservativ geprägten Bundesland Baden-Württemberg ab 2011, wandelten sich die Grünen systematisch in eine Partei, in der jegliche Form eines gesellschaftlichen Alternativkonzeptes aus dem Programm verschwand und nur noch eine Modernisierung der herrschenden Verhältnisse angestrebt wurde.
Baerbock/Habeck: Modernisierung der bürgerlichen Führung
Der Wandel der Grünen zu einer Partei, die realistisch eine Bundesregierung anführen könnte, hat viele Faktoren.
Die Grünen versprechen eine öko-soziale Wende mit einem Programm, das nichts an den Grundlagen der kapitalistischen Ökonomie ändern wird. Ihr Green-New-Deal ist ein biederes Angebot an die Bourgeoisie, noch rechtzeitig ihrer Ausbeutungs- und Akkumulationsmaschine ein grünes Image zu geben, damit es ungebremst weitergehen kann. In ihrem Wahlprogramm für 2021 plädieren sie für „Grüne Finanzmärkte“, damit das Kapital sich von fossilen Energien verabschieden kann und grün-geläutert neben Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock glänzt:
„Noch immer werden Milliarden in fossile Energien – und damit gegen unsere Zukunft – investiert. Wir werden durchsetzen, dass sich die öffentliche Hand vollständig aus diesen Investitionen zurückzieht. Öffentlich-rechtliche Banken und Pensionsfonds müssen eine Vorreiterrolle bei der grünen Finanzwende und dem Divestment einnehmen. Klimarisiken sollen offengelegt und bei Banken und Versicherungen mit Eigenkapital unterlegt werden sowie bei Ratings berücksichtigt werden. Alle Anlagen, nicht nur grüne, müssen eine Nachhaltigkeitsbewertung haben, die für alle Anleger*innen transparent ist. Dabei sind neben den Klimazielen auch andere Umweltwirkungen, Menschenrechte, Arbeitsnormen und Entwicklungsziele zu berücksichtigen. In der Anlageberatung muss diese Bewertung einfließen. Für besonders nachhaltige Finanzprodukte wollen wir ein EU-Label schaffen. So sorgen wir dafür, dass Kapital von schmutzigen in grüne und nachhaltige Investitionen umgelenkt wird.“
– Wahlprogrammentwurf.pdf (Seite 44)
Der Klimawandel ist für alle Teile der Gesellschaft zu einer lebensbedrohenden Herausforderung geworden.
Inzwischen würdigt die bürgerliche Führung Deutschlands die Rolle der Grünen. Sie akzeptieren mehrheitlich, dass auch die ökologische Frage zu den Säulen bürgerlicher Herrschaft gehört. Ob rot oder schwarz, ein bisschen grün zeigen sich alle Politiker und Industrielle, die über die unmittelbare Profitmaximierung hinausgucken können. So sind die Verfechter einer Energiewende heutzutage nicht mehr in der Alternativen Liste organisiert, sondern im Vorstandsrat von Audi. Rainer Trampert, ehemaliger Bundesvorstandssprecher der Grünen, fasst diese Änderungen korrekt und kritisch zusammen:
„Siemens sagt der Atomtechnik ade und sieht die Energiewende als ‘Jahrhundertprojekt der Deutschen’ (Siemens-Chef Peter Löscher). Als ‘grüner’ Weltkonzern ‘mit deutschen Wurzeln und Werten’ werde man der Krise trotzen, zumal ‘die Lage in der Realwirtschaft weitaus besser’ sei, ‘als die Stimmung an den Finanzmärkten’. Siemens liefert Stromtrassen, Turbinen für Kraftwerke und Komplettlösungen für Sonnen- und Windenergie. Audi-Chef Stadler sagt überschwänglich: ‘Ob Energie oder Elektromobilität – wir erleben einen weltweiten und tief greifenden Modernisierungswettlauf’ mit großen Chancen, ‘weil wir in Deutschland die Ingenieure, das Know-how und die Technologieunternehmen haben, die diesen Kraftakt schaffen können’. Bosch stattet Brasiliens Autos mit der Motortechnik aus, die es Fahrern erlauben, Benzin oder Ethanol in beliebigem Mischungsverhältnis zu tanken. RWE kauft in Amerika Waldgebiete, aus denen Holzpellets für die Bio-Energie gewonnen werden. ‘Damit erschließen wir uns eigene RohstoffQuellen und werden unabhängiger vom Weltmarkt’ (RWE).“
– rainertrampert.de
Dass die Grünen es ernst meinen, zeigt sich u.a. an ihren Plänen, wie Deutschland seine Stellung als Weltmacht weiter ausbauen kann. Der folgende Abschnitt entstammt nicht einer Publikation der Deutschen Bundesbank, sondern schildert die angestrebte Finanzpolitik der Grünen in Europa und weltweit. Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Aussagen von Vertretern der Deutschen Bundesbank sind nicht rein zufällig:
„Wir wollen, dass sich der Euro zu einer glaubwürdigen, internationalen Leitwährung entwickelt, damit Europa seine Souveränität bewahrt und ausbaut. Langfristig soll ein starker und stabiler Euro seinen Platz in einem kooperativen globalen Weltwährungssystem finden. Der Euro ist ein wesentlicher Baustein einer umfassenden Strategie, die europäische Werte auf der globalen Ebene stärkt und durchsetzt. Wir werden sichere europäische Vermögenswerte schaffen, in denen die Welt sparen kann. In Zukunftsmärkten wie Investitionen in Klimaschutz soll der Euro das internationale Zahlungsmittel werden. Um die internationale Rolle des Euro zu stärken, braucht es aber auch inner-europäische Solidarität: Wir wollen Ungleichgewichte gemeinsam in Überschuss- und Defizitländern reduzieren sowie wirtschafts- und finanzpolitische Entscheidungen als Gemeinschaft treffen.“
– Wahlprogrammentwurf.pdf (Seite 47)
Anders ausgedrückt heißt das: Wir wollen den Euro als finanzpolitische Waffe des deutschen Imperialismus weiter ausbauen, und ihn für die Manipulation von anderen Ländern nutzen. Die führende Rolle des Dollars läuft dem Ende entgegen. Die Strategie der Grünen hat seit einer Weile schon darauf abgezielt, zur staatstragenden Kraft zu werden. Dazu gehört es, den Staat nach innen und außen aufzurüsten, Flüchtlinge abzuschieben, dem deutschen Kapital im globalen Konkurrenzkampf die besten Möglichkeiten zu bieten, und das alles muss modern und grün verpackt werden.
Die Grünen haben nicht-mainstreamtaugliche Programmpunkte fallen lassen, und eine Grün-Schwarze-Koalition wie in Baden-Württemberg ist auch für den Bund eine Option.
Zur FDP gibt es natürlich noch Differenzen. So ganz vertrauen die Grünen weder dem Markt, noch wollen sie auf staatliche Eingriffe verzichten, auch wenn sie davon wegkommen wollen, als Verbotspartei angesehen zu werden. Eine nicht unerhebliche Differenz ist sicherlich die Tatsache, dass die FDP gegen Steuererhöhungen ist, während die Grünen das ja eben als ein Instrument im ökologischen Kampf ansehen. Während die FDP ganz offensichtlich und offen den Interessen des Kapitals, seiner Eigentümer und Profiteure dient, haben die Grünen in ihrer Stammwählerschaft ein Bewusstsein, dass höhere Steuern, CO2-Abgaben und verteuerte Lebensmittel ein notwendiges Übel für eine ökologische Zukunft sind.
Sicherlich profitieren die Grünen auch als Anti-AfD-Partei, und können da in dem Pool der liberalen Mehrheitsgesellschaft fischen, die dem Aufstieg der AfD ablehnend gegenübersteht. Die AfD und ihre Klientel sehen im Kampf gegen die Errungenschaften der Nach-68er-Bewegungen ihre Mission. Die Grünen sind dabei neben der Antifa Hassobjekt Nr. 1. Die Anwesenheit von Migranten im allgemeinen, die Präsenz von Nicht-Deutschen in Führungspositionen, oder das geänderte Bild der Familie, das zwar immer noch von Staat und Kirche geprägt aber in der Realität erheblich vielfältiger ist, oder die Akzeptanz von Schwulen und Lesben in der Öffentlichkeit sind Themen, an denen sich die reaktionären Wirrköpfe der AfD abarbeiten können.
Besonders interessant ist die Rolle der CSU. Im Wahlkampf für den bayrischen Landtag 2019 versuchte die CSU, die AfD-Hetze zu kopieren. Als das in ein schlechtes Wahlergebnis mündete, und die Wähleranalysen ergaben, dass CSU-Stammwähler in Richtung Grüne abgewandert sind, drehten die ideologischen Fähnchen der CSU in Richtung konservativ-grüne Positionen.
Die Grünen haben ein Parteiprogramm und Selbstverständnis, das es ihnen ermöglicht, mit jeder Partei, die im nächsten Bundestag vertreten ist, zu koalieren, mit Ausnahme der AfD. Allein, das macht sie so populär.
Einige Kommentatoren haben begonnen, die Frage zu stellen, was passiert, wenn die Grünen einen Koalitionsvertrag unterschreiben, in dem Dinge stehen, mit denen die Grünen-Basis traditionell nicht einverstanden ist. Die Antwort ist aus der Entwicklung der Partei in den letzten 40 Jahren abzuleiten: Es passiert gar nichts.
Grüner Imperialismus
Im Mai 2021 gab Kanzlerkandidatin Baerbock einem US-amerikanischen NATO-Think-Tank ein Interview, das die mittlerweile üblichen Bekenntnisse zum imperialistischen Krieg, Treue zur NATO und EU, und einer aggressiven Haltung zu Russland und China beinhaltete. Eine Anekdote aus dem Interview entlarvt so manches liberale Geschwätz der Grünen. Frau Baerbock ist stolz auf ihren Opa in der Wehrmacht, der auf einer Brücke zum heutigen Polen gekämpft hat. Im Kontext der EU-Osterweiterung, auf die sie ebenfalls stolz ist, ist diese Aussage ein Zeichen der großdeutschen Träume, die keinesfalls nur bei der CDU/CSU anzutreffen sind.
Spätestens mit der Zustimmung zum Kosovo-Krieg 1999 wurden die Grünen auch eine verlässliche Kraft für die Bourgeoisie, wenn es um die Außenpolitik geht. Ihr Pazifismus war aus der Mode gekommen und so wurde er für einen humanistischen Imperialismus eingetauscht. Heute stellen sich den Imperialisten neue Herausforderungen. Mit dem Aufstieg Chinas kommt ein Land in den Fokus außenpolitischer Überlegungen, das in der Gründungsphase der Grünen für einen Teil der Mitglieder Dreh- und Angelpunkt ihres Bewusstseins war.
Zur allgemeinen Programmatik der sich am Maoismus und Stalinismus orientierten K-Gruppen in Deutschland, die ja aktiv an der Gründung der Grünen mitgewirkt haben, gehörte die Ablehnung des chinesischen Weges nach dem Tod Mao Tse-tungs. Da schließt sich ein Kreis, wenn die grüne Bourgeoisie heute lautstark die Menschenrechte für Tibeter oder Uiguren einfordert, und die wirtschaftlichen Interessen des deutschen Kapitals anführt, wenn sie sich gegen die Annäherung an China aussprechen. Baerbock lässt keinen Interview-Termin verstreichen, ohne ihrem Hass auf Russland und China Ausdruck zu verleihen. Damit überholt sie die NATO rhetorisch mit aggressiven Drohungen nach Osten.
Auch die Abhängigkeit von russischen Rohstofflieferungen ist der Partei ein Dorn im Auge. So poltern Grüne regelmäßig gegen Nord Stream 2, und fordern mehr politischen und wirtschaftlichen Druck auf die Putin-Regierung.
Grüne sind Gift für die Arbeiterklasse
Die Grünen geben sich einen sozialen Anstrich. Haben sie noch entschlossen der Agenda 2010 zugestimmt, heißt es heute:
„Arbeit muss gerecht bezahlt werden. Und die Menschen brauchen gute Arbeitsbedingungen. Aber in unserem reichen Land arbeiten noch immer Millionen Menschen im Niedriglohnsektor mit schlechten Löhnen und unsicheren Beschäftigungsverhältnissen. Besonders oft sind davon Frauen betroffen. Das wollen wir ändern. Den gesetzlichen Mindestlohn werden wir sofort auf 12 Euro anheben.“
– Wahlprogrammentwurf.pdf
Das Wahlprogramm zur soziale Lage liest sich wie eine moderate Kopie einer sozialdemokratischen Sonntagsrede. Aber warum sollte auch nur ein Krümel der sozialstaatlichen Forderungen umgesetzt werden, wenn man doch dem Kapital gerade den grünen Umbau schmackhaft machen will? Sozialpartnerschaft, also Klassenzusammenarbeit, die auch von den Grünen propagiert wird, ist Konsens im parlamentarischen Betrieb. Klassenbewusste Arbeiter stehen diesem Konzept feindlich gegenüber, denn es dient immer dazu, den Arbeitern vorzugaukeln, ihre Interessen seien mit denen des Kapitals vereinbar. In der Realität der kapitalistischen Produktionsweise wird eine solche Zusammenarbeit immer den Interessen des Kapitals Priorität geben – auf Kosten der Lohnabhängigen. Betriebliche und soziale Verbesserungen können nur durch entschlossene Maßnahmen der Arbeiterklasse selbst erkämpft werden, wohl kaum durch eine Partei, deren pseudo-soziales Image der Realität ihrer begeisterten Teilnahme an der Durchsetzung der Hartz-Reformen und an schwarz-grünem Sozialabbau gegenübersteht.
Wir sehen es als eine wichtige politische Aufgabe an, jegliche Illusion in eine Grüne Regierungsbeteiligung zu bekämpfen. Die Grünen sind seit ihrer Gründung eine bürgerliche Partei und haben sich dem Erhalt des Kapitalismus verschrieben, aber um die Umweltzerstörung und den Klimawandel zu stoppen, muss der Kapitalismus selbst beseitigt werden. Marxisten geben bürgerlichen Parteien prinzipiell keine Wahlunterstützung, da deren kapitalistisches Programm den Interessen denen der Arbeiterklasse diametral entgegengesetzt ist.
Um den Wahnsinn der kapitalistischen Produktionsweise zu beenden, braucht es eine revolutionäre Partei, die sowohl die Interessen der gesamten Arbeiterklasse vertritt, als auch die Herausforderungen der Gegenwart, wie Klimawandel, Umweltzerstörung und imperialistische Drohungen gegen China und Russland, in den Mittelpunkt ihrer Politik stellt.