Keine Wahl bei den Wahlen! Brecht mit der Partei die Linke!

Die Bundestagswahl steht ganz im Zeichen des Abganges der Kanzlerin Angela Merkel nach 16 Jahren als Regierungschefin. Die Pandemiebekämpfung, die deutlich spürbaren Folgen des Klimawandels, die weiter wachsende soziale Ungleichheit, besonders ausgeprägt in der Kinder- und Altersarmut, sowie die außen- und innenpolitische Weichenstellung zur Stärkung des deutschen Imperialismus sind Wahlkampfthemen.

Das Fehlen einer revolutionären oppositionellen Stimme, sowohl auf der parlamentarischen, als auch außerparlamentarischen Ebene, wird deutlich, wenn man den kleingeistigen Wahlkampf beobachtet. Mit der Partei die Linke (PdL) tritt eine Partei mit einem relativ kämpferisch wirkenden Wahlprogramm an, das aber für weite Teile der Arbeiterklasse irrelevant ist, da sie bereits direkte Erfahrung mit der Realität einer PdL-Regierung auf Länderebene gemacht haben, was zu einer Enttäuschung ihrer Hoffnungen führte.

Die Bourgeoisie

Die Veränderung der weltpolitischen Lage geht für die deutsche Bourgeoisie einher mit der Frage, wie groß das Stück vom Kuchen sein soll und mit welchen Bündnissen man dieses Ziel erreichen kann. Dass kurz vor der Wahl mit der USA ein Kompromiss zur Nord Stream 2 – Pipeline gefunden wurde, ist genauso von Bedeutung, wie dass man weiterhin gute wirtschaftliche Beziehungen zu Russland und China aufrechterhält. Die nächsten deutschen Regierungen stehen vor dem Dilemma, dass das deutsche Kapital sehr stark vom Export in Länder abhängig ist, die immer schärfer in den geopolitischen Umverteilungskonflikten eine Rolle spielen. Der imperialistische Druck auf China und Russland sind dabei die wichtigsten Konflikte.

Deutschland zieht seine Truppen aus der verbrecherischen imperialistischen Intervention in Afghanistan ab, um sich vor allem gegen China im indopazifischen Raum, aber auch in Afrika, militärisch zu positionieren. Der deutsche Imperialismus möchte eine immer größere Weltmachtrolle spielen, weiß aber, dass die Führung der NATO nicht immer die deutschen Interessen bedient. Der NATO-Druck auf Russland, und dass Deutschland auf die Energielieferungen aus Russland angewiesen ist, sind markante Widersprüche, die nicht ohne weiteres gelöst werden können.

Ob ein Kanzler Armin Laschet ernsthaft in die Fußspuren einer Angela Merkel treten kann, die diesen Balanceakt für die herrschende Klasse erfolgreich durchführte, darf man bezweifeln. Mit der FDP steht jedoch ein potentieller Koalitionspartner zur Verfügung, der gerade davon profitiert, dass er die Corona-Beschränkungen kritisierte, ohne dabei in die Phantasiewelt irgendwelcher Querdenker oder anderer Reaktionäre einzusteigen. Die FDP vertritt ohne Frage ein Programm der Freiheit der Ausbeutung und Durchsetzung der kapitalistischen Interessen, egal wie sehr die Arbeiterklasse dabei verarmt, und da sind Beschränkungen des Konsums ein Hindernis bei der Realisierung des Mehrwerts.

Wir haben die Grünen an anderer Stelle ausführlich analysiert. Ihre Chancen die Wahlen zu gewinnen, schwanden aufgrund einer dilettantischen Vorbereitung und Präsentation im Wahlkampf, vor allem um die Spitzenkandidatin Annalena Baerbock.

Niederlage des Imperialismus am Hindukusch: PdL kapituliert

Die Flucht des deutschen Imperialismus, begleitet von reichlich humanitären Tränen, war im bis dahin seichten Wahlkampf das Medienhighlight schlechthin. Die Reaktion der PdL belegte eindeutig, warum diese Partei keine Stimme bei den Bundestagswahlen verdient hat. In der Vergangenheit stimmten die links-sozialdemokratischen Fraktionen von PDS und der PdL regelmäßig gegen eine Verlängerung des Bundeswehrmandats in Afghanistan, und Mitglieder und Aktivisten rund um die Partei waren seit Ende 2001 mit ihren links-reformistischen und pazifistischen Positionen gut sichtbar vertreten.

Von vielen Afghanistan-Kommentatoren wird vor allem die hohe Zahl der getöteten Zivilisten in der 20jährigen Besetzung Afghanistans durch imperialistische Truppen bedauert:

„Die westlichen Streitkräfte, die jetzt wohl endgültig aus Afghanistan abziehen, haben bei ihren Operationen am Hindukusch bis zuletzt regelmäßig eine hohe Zahl an Zivilisten umgebracht. Die Opferstatistiken der Vereinten Nationen ordnen etwa von den 3.804 Zivilisten, deren Tod durch Kriegshandlungen im Jahr 2018 verlässlich dokumentiert wurde, mindestens 1.185 Angriffen der diversen Truppen zu, die auf Seiten der Regierung in Kabul kämpften; mindestens 406 von ihnen kamen demnach bei Einsätzen westlicher Militärs ums Leben. Im Jahr 2019 stieg die Zahl der zivilen Todesopfer westlicher Truppen auf mindestens 559; ein Rückgang ließ sich erst nach dem US-Abzugsabkommen mit den Taliban im Februar 2020 konstatieren. Immer wieder haben die westlichen Streitkräfte Luftangriffe durchgeführt, die wegen ihrer eklatanten Opferzahl zum Gegenstand der internationalen Medienberichterstattung wurden. Im Juni 2007 etwa kamen bei einem Luftangriff in der Provinz Helmand, dem letzten in einer langen Serie an Bombardements, bis zu 80 Menschen, die meisten von ihnen Zivilisten, zu Tode.[1] Am 5. Mai 2019 starben bei einem US-Bombardement angeblicher Drogenlabore mindestens 30, vermutlich 60 oder gar mehr Zivilisten. Während die USA behaupten, es habe sich um Taliban gehandelt, beklagt die UNO hingegen den Tod von zivilen Arbeitern, Frauen und Kindern.[2]

german-foreign-policy.com

Eine solche Herangehensweise beruht auf der Ansicht, dass Zivilisten unnötige Opfer sind, während afghanische Widerstandskämpfer der Taliban mit Recht getötet werden können und müssen. Die PdL hatte bisher die Präsenz deutscher Truppen in Afghanistan abgelehnt, doch bei der Abstimmung über den „Rettungseinsatz in Kabul“, bei dem viele NATO-Kollaborateure ausgeflogen wurden, hatte die Parteiführung zur Stimmenthaltung aufgerufen. Dass nun die PdL bei der letzten Abstimmung ins Schwimmen kommt und sich mehrheitlich enthält, ja sogar fünf Abgeordnete dafür stimmten, liegt vor allem an der grundlegenden Ausrichtung auf eine SPD-Grüne-Linke-Regierung, die unabhängig von den Ereignissen in Afghanistan wieder möglich wurde. Die Zahl der oppositionellen Abgeordneten war gering. Auch die dem linken Parteiflügel angehörige Janine Wissler enthielt sich bei der Abstimmung. Als ehemaliges Mitglied von Marx21 ein peinliches Auftreten als Linke.

„Mit Nein stimmten sieben Linken-Abgeordnete, darunter der Fraktionsvize Andrej Hunko und die Abgeordneten Sevim Dagdelen, Heike Hänsel und Ulla Jelpke.“

tagesspiegel.de

Für die PdL-Politiker, die sich als „regierungsfähig“ zeigen wollen, war die Abstimmung im Bundestag die Reife-Probe. Pazifismus und Anti-Kriegsplakate kommen notfalls umgehend in den Keller, wenn sie die Stufen in die Regierungsetagen verstellen.

„Linkenchefin Susanne Hennig-Wellsow hat nun beide für ihr Zögern angegriffen. »Es ist mir unverständlich, warum sich SPD und Grüne nun verschanzen, obwohl wir als Dreierbündnis Potenzial hätten, im Land viel zu verändern«, sagte Hennig-Wellsow in Berlin. Die Co-Parteichefin nannte die Linke das »soziale Gewissen« Deutschlands. Seien Grüne und SPD an einem echten Wandel, an Klimaschutz und sozialer Gerechtigkeit interessiert, ginge das nur in einem rot-rot-grünen Bündnis. »Unser Wille ist da sehr eindeutig«, sagte die Politikerin über solch eine Koalition im Herbst.“

spiegel.de

Gesundheit und Ungleichheit

Die soziale Ungleichheit ist kein Produkt individuellen Fehlverhaltens, wie es die kapitalistische Ideologie behauptet, sondern die systematische Logik des Kapitalismus und der politischen Steuerung der bürgerlichen Politik. Dass Kinder aus armen Familien im Leben erheblich weniger Chancen haben, und dass Kindern aus reichen Familien allen Türen offen stehen, ist keine neue Erkenntnis.

Der Kampf gegen Covid-19 war in Deutschland bisher davon geprägt, dass als die Verbreitung des Virus außer Kontrolle geriet, das öffentliche Leben durch einen Freizeit-Lockdown weitestgehend eingeschränkt wurde, sowie dass es in einigen Regionen für eine gewisse Zeit nächtliche Ausgangssperren gab.

Weite Teile der Arbeiterklasse mussten aber zum Arbeitsplatz anrücken, egal ob dort Hygiene- und Covidschutzregeln eingehalten wurden. Gerade einmal 5% weniger Arbeitsstunden mussten geleistet werden. Dieser Aspekt zeigt deutlich auf, dass das Kapital auch in der Pandemie seine Interessen ohne Probleme durchsetzen konnte. Beispiele aus der Fleischindustrie, oder bei dem Versandhändler Amazon zeigten, dass selbst die einfachen Covid-19-Regeln, wie Abstand halten, Hygiene-Maßnahmen, und das Tragen von medizinischen Masken, im Rahmen der Profitinteressen nicht eingehalten werden müssen.

„Die Klimakrise und jüngst die Coronapandemie haben verdeutlicht, dass der Mensch als Gattungswesen sterblich ist. Und gerade ein Virus unterscheidet nicht zwischen Produktionsmittelbesitzenden und Nichtbesitzenden. Die Gesellschaft, die dieses Virus zu bekämpfen hat, hat jedoch mitzuentscheiden. Das Resultat in einer von der Bourgeoisie beherrschten Gesellschaft: Im Kapitalismus sterben an Corona massenhaft Lohnabhängige.“

jungewelt.de

Wer etwas über die Lage der arbeitenden Klasse bzw. das Kräfteverhältnis zwischen Lohnarbeit und Kapital wissen möchte, kann dies im Gesundheitswesen erfahren. Seit vielen Jahren wird von unterschiedlichen Seiten erklärt, dass ein profitorientiertes Gesundheitssystem gegen die Interessen der Menschen ist, die sich keine private Versicherung leisten können. Trotz dieser Warnungen wird das Gesundheitssystem immer profitabler, die Arbeitsbedingungen der dort Beschäftigten immer schlechter, und der Zugang zu kostenloser oder bezahlbarer medizinischer Versorgung immer eingeschränkter. Krankenhäuser werden weiterhin geschlossen, oder privatisiert.

Als die Covid-19-Krise kam, wurde diese Logik einfach fortgesetzt, obwohl im großen Stil darüber berichtet wurde, die Arbeiter sich deutlich äußerten, und Sprecher der herrschenden Klasse Handlungsbedarf sahen, zumindest dieser Logik die Spitze zu nehmen. Nach ein paar Runden Klatschen für die Helden auf den Beatmungsstationen und in der Pflege, passierte aber nichts, was die Profite der Gesundheitskonzerne bedrohte. Die gesamte Gesundheitsindustrie wird auch weiterhin eine ergiebige Quelle für die Profite der Investitionen des Finanzkapitals sein. Wenn die ärmsten Schichten der Bevölkerung dafür ihre Gesundheit und in vielen Fällen ihr Leben eintauschen müssen, so sind das Opfer, die die Bourgeoise der Arbeiterklasse gerne alleine überlässt.

Es ist gegen die grundlegenden Interessen der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung, dass es ein profitorientiertes Gesundheitssystem gibt, aber zur Wahl stehen nur Parteien, die daran nichts ändern werden.

Wegen Klimakatastrophe „ändert man doch nicht die Politik“

Der Bundesgerichtshof urteilte, dass die Klimapolitik der Bundesregierung nicht ausreiche, damit die Klimaziele des Pariser Abkommens eingehalten werden können.

Als Mitte Juli 2021 in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Bayern, Belgien und den Niederlanden eine Extremwetterlage für Überflutungen, massive Zerstörungen und viele Tote sorgte, konnte man das nächste Kapitel im Kampf Kapitalismus vs. Klimawandel erleben. Wissenschaftler warnen seit Jahren davor, dass die Zerstörung des Planeten durch den Menschen und die einhergehende Klimakatastrophe nur abgewendet werden können, wenn umgehend radikale und globale Maßnahmen getroffen werden.

Es ist inzwischen Allgemeinwissen zum Thema Klimawandel, dass Extremwetter mit erhöhten Niederschlag oder auch das Gegenteil einer extremen Dürre immer wahrscheinlicher werden. Wären die Politiker ein Ausdruck der Interessen der Bevölkerung, könnte man erwarten, dass diese auf Flutkatastrophen in Deutschland mit Gesetzesänderungen reagieren, die den Umweltschutz stärken.

Armin Laschet, designierter Nachfolger von Angela Merkel, hat andere Prioritäten:

„Auch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet galt bis vor wenigen Tagen als treibende Kraft bei den klimapolitischen Bremsversuchen der Bundesrepublik auf EU-Ebene, die eine lange Tradition haben.[8] Laschet warnte noch vor wenigen Tagen explizit, die CO2-Reduktionsziele dürften unter keinen Umständen die deutsche Industrie – also die ökonomische Grundlage der politischen Hegemonie Berlins in der EU – beeinträchtigen.[9] Es gebe in Europa viele Staaten, die stark deindustrialisiert seien; doch wollten Deutschland und einige andere Staaten trotz der Klimakrise Industriestaaten bleiben: ‘Das ist der Teil, den sie in Brüssel nicht ganz so laut aussprechen, aber das ist es, was wir in Deutschland erwarten’, äußerte der auch wirtschaftspolitisch konservativ auftretende Kanzlerkandidat, der sich gegen die gemeinsame Schuldenaufnahme der EU und für die Rückkehr zum neoliberalen Sparkurs der Maastricht-Kriterien aussprach.[10]

So betont Laschet weiter, Deutschland müsse ‘Industrieland’ bleiben, und lehnt – ungeachtet formeller Bekenntnisse zum Klimaschutz – einen grundlegenden Politikwechsel ab: Nur weil ‘jetzt so ein Tag’ sei, erklärte er mit Blick auf die Flutkatastrophe, ‘ändert man doch nicht die Politik’.[18]”

german-foreign-policy.com

AfD geht weiter ihren Weg

Die AfD brilliert weniger durch gute Parlamentsarbeit, war während der Pandemiebekämpfung vor allem mit sich selbst beschäftigt und konnte nur von dem Dilletantismus und der Korruption der Regierung profitieren. Auch ihre Verbindungen zu den Querdenkern und dem Coronaleugner-Milieu ist nicht gerade populistisch, aber konsequent, wenn man selbst keine Ideen hat, was man in Zeiten einer Pandemie konkret politisch eigentlich will.

Der Faschist Höcke konnte auf dem letzten Parteitag massiv punkten, seine Rolle in der Partei war noch nie so stark wie in diesem Jahr. Der Versuch der AfD über einen Misstrauensantrag im Thüringer Parlament die Minderheitsregierung um den PdL-Ministerpräsidenten Bodo Ramelow zu beenden, scheiterte, aber ein wichtiges Detail war, dass die CDU sich in der Abstimmung über die Regierung enthielt. War die Thüringer CDU, auch auf Druck aus dem Merkel-Lager, bereit, für ein Jahr die Minderheitsregierung zu stützen, war nun damit klar, dass die Thüringer CDU, wo der ehemalige Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen, in dessen Amtszeit staatliche Unterstützung für das faschistische Lager aus der Staatskasse floss, für die Partei ins Rennen geht, nicht alle Brücken nach Rechts und damit zu einer potentiellen Koalition mit der AfD abbrechen möchte.

In den letzten Jahren stellte sich heraus, dass es im deutschen Staatsapparat eine große Menge von Nazis und Rassisten gibt, sowie ein hohes Maß an Sympathie für rechte und faschistische Ideologie. Es sind mittlerweile zahlreiche Enthüllungen über Netzwerke im Staatsapparat aufgedeckt worden. Die Welle rassistischer, faschistischer und antisemitischer Gewalt hält an. Hanau, Neukölln, Halle und viele andere Orte und Taten sind Beispiele für solche Verbrechen.

In einem NDR-Podcast, Rechte in Uniform, wird unter anderem davon gesprochen, dass es Tendenzen im Polizeiapparat gibt, dass Beamte „demokratiemüde“ werden, und sich nach Spielraum und Handlungsanleitung wie in einer Diktatur, wo die allgemeinen Grund- und Menschenrechte ausgeschaltet werden, sehnen. Zu beobachten ist diesbezüglich ohne Frage eine seit Jahren immer aggressiver auftretende Polizei, die oftmals aus nichtigem Anlass heraus, vollkommen enthemmt auf linke Versammlungen einprügelt.

DKP: Gewerkschaft der Polizei gehört zu uns

Während weltweit Linke nach dem Mord an George Floyd die gewerkschaftliche Organisierung von Polizisten in Frage stellten, interviewte die stalinistische, reformistische Deutsche Kommunistische Partei (DKP), die nur mit einer Klage am Bundesgerichtshof ihre Kandidatur zur Bundestagswahl durchsetzen konnte, einen Polizisten von der Gewerkschaft der Polizei.

„Viele Kolleginnen und Kollegen auf der Straße stumpfen auf Dauer ein wenig ab, weil sie alltäglich mit den negativen Auswirkungen der Gesellschaft konfrontiert sind. Dadurch verliert man, je nachdem, welches Wertekonstrukt man selbst hat, den echten Blick auf die gesellschaftlichen Verhältnisse. Man sieht immer nur das Schlechte.“

unsere-zeit.de

Die marxistische Analyse, dass die Polizei ein Teil des Unterdrückungsapparats ist, und dass die individuelle politische Ansicht eines Polizisten dabei zweitrangig ist, weil sie die Privilegien und Interessen der herrschenden Klasse verteidigen, spielt für die DKP keine Rolle. Man hofft auf die bürgerlich liberale Version der Polizeiarbeit: divers, gezähmt und sozial.

SAV: Verdi, nicht GdP

Die Sozialistische Alternative (SAV) in Deutschland war vor ihrer großen Spaltung dafür bekannt, die Polizei als Arbeiter in Uniform zu sehen. Diese reformistische Position verschwand zwar aus ihren Publikationen, aber nicht aus ihren Köpfen. So beglückte uns die SAV mit einer Kritik an der Forderung endlich die Polizisten aus dem DGB zu schmeißen, und schlägt allen Ernstes Verdi als neue gewerkschaftliche Organisation für Polizisten vor.

“Die Forderung nach Ausschluss der GdP könnte dazu führen, dass Kolleginnen und Kollegen vom Zoll oder zivile Angestellte der Polizei sich stärker mit den Beamt*innen in direkten [sic!] repressiven Einsatz solidarisieren könnten. Uns geht es jedoch darum, die Spaltungslinien in der Polizei zu vertiefen. Daher stellen wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht die Forderung auf, die GdP aus dem DGB auszuschließen.

Wir schlagen vor, den Kampf gegen den politischen Kurs der GdP innerhalb des DGB zu intensivieren. Resolutionen gegen Polizeigewalt, für Kennzeichnungspflicht und Abrüstung der Polizei sollten in örtlichen DGB-Gliederungen eingebracht und durchgesetzt werden. Wenn daraufhin GdP-Gliederungen ihre Mitarbeit einstellen oder Polizist*innen eine Distanzierung vom DGB fordern, lägen die politischen Differenzen für alle offen, sowohl für die Mitglieder der GdP, als auch für die der anderen Gewerkschaften. GdP-Mitglieder, die kritisch gegenüber dem Kurs sind, hätten die Wahl, eine Opposition in ihrer Gewerkschaft aufzubauen oder sie in Richtung ver.di zu verlassen.“

GDP raus aus dem DGB?, sozialismus.info

Solche Ideen kann nur eine Organisation haben, die im Endeffekt ein zutiefst reformistisches Verständnis von Staat und staatlicher Gewalt hat. In Zeiten bewaffneter Gruppen, die mit Hilfe von Polizisten und Soldaten zu Waffen und Munition kommen, die Feindeslisten erstellen, und politische Morde planen und ausführen, ist es eine tödliche Falle, den Klassenfeind in die Arbeiterorganisationen einzuladen.

Sicherheitsapparat rüstet weiter auf

Der Abbau von demokratischen Grundrechten und eine Entwicklung zu einem Kontroll- und Sicherheitsstaat gehen weiter. Die Polizeiaufgabengesetze werden systematisch verschärft. Eine digitale Aufrüstung, stärkere Kontrolle des Internets und Überwachungskameras mit immer modernerer Bilderkennungssoftware ergänzen den Trend zum totalen Staat.

„Und in der Tat, die »schwarz-gelbe« Landesregierung unter Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) prescht seit Monaten vor und will noch vor der Sommerpause ein »Gesetz zur Einführung eines nordrhein-westfälischen Versammlungsgesetzes« durchdrücken. Laschets Parteikollege Herbert Reul übernimmt die Rolle des Einpeitschers. Der NRW-Innenminister behauptet, das Gesetz ziele vorrangig auf »rechtsextremistische Aufmärsche«. Glaubhaft ist das nicht. Auch aus diesem Grund: Bei antifaschistischen Gegendemos sind in Zukunft selbst »einfache Störungen« und »Behinderungen« verboten. Lautstarke Musik oder Sprechchöre etwa, kritisierte der Verdi-Landesbezirk NRW bereits Ende April in einer Stellungnahme.

Was ist noch vorgesehen? Voraussetzungslose Übersichtsaufnahmen mittels Drohne oder Hubschrauber, gleichfalls verdeckte Ton- und Videoaufnahmen von öffentlichen Protesten. Mehr noch: Anmelder von Versammlungen sollen künftig umfangreiche Angaben machen, werden zur Kooperation mit der Polizei gedrängt und müssen unter Umständen persönliche Daten von Ordnern an die Polizei übermitteln. Ferner könnte durch eingerichtete Kontrollstellen der Zugang zu Versammlungen durch die Polizei erheblich erschwert oder gar unterbunden werden. Und nicht zuletzt ist ein Auftritt im Einheitslook kriminalisierbar. Helle Maleroveralls von Aktivisten aus der Klimagerechtigkeitsbewegung oder Fantrikots des Lieblingsklubs könnten dann unter ein obskures »Militanzverbot« fallen.“

jungewelt.de

Die zunehmende Kriminalisierung von legitimen Protesten ist die Antwort des Staates auf die Erkenntnis, dass die arbeiterfeindliche und umweltvernichtende Politik den Widerstand breiter Schichten hervorruft. Während in vergangenen Jahren der Schwarze Block als Angstmacher in den Medien herhalten musste, bemüht sich die Polizei heute, die Gefahr von 15-jährigen Schülern bei Protesten gegen den Klimawandel zu verkaufen.

Mietenkampf in Berlin

Parallel zur Bundestags- und Landtagswahl in Berlin findet der Volksentscheid über den Vorschlag der Kampagne „Deutsche Wohnen und Co enteignen“ statt.

„Wir fordern vom Berliner Senat, alle Maßnahmen einzuleiten, die zur Überführung von Immobilien in Gemeineigentum erforderlich sind:

  1. Private profitorientierte Immobiliengesellschaften, die mehr als 3.000 Wohnungen in Berlin besitzen, werden nach Artikel 15 GG enteignet, um ihre Bestände in Gemeineigentum zu überführen. Genossenschaften sollen nicht enteignet werden.
  2. Die betroffenen Unternehmen werden deutlich unter Marktwert entschädigt.
  3. Zur Verwaltung der Bestände wird eine Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR) geschaffen. In ihrer Satzung wird verankert, dass die Bestände der AöR nicht privatisiert werden dürfen.
  4. In der AöR werden die in Gemeineigentum überführten Bestände unter demokratischer Beteiligung von Stadtgesellschaft, Mieter:innen, Beschäftigten und Senat verwaltet.“- www.dwenteignen.de/was-wir-fordern/

Wir rufen zur kritischen Unterstützung dieses Volksentscheids auf. Wir sehen die Klassenpolarisierung in dieser Frage als zentral. Dieser Volksentscheid unterstreicht aber auch den Rassismus des demokratischen Wahlrechts, sind doch von der kapitalistischen Wohnungspolitik Millionen von Menschen betroffen, die aufgrund ihres Status als Nicht-Deutsche kein Wahlrecht haben; und somit können Hunderttausende in Berlin nicht abstimmen, sind aber in vorderster Front von dem Mietenwahnsinn betroffen.

Unsere Kritik an der reformistischen Ausrichtung der Kampagne bleibt bestehen, aber ein positives Ergebnis des Volksentscheids wäre ein kleiner Fortschritt. Es ist zu bezweifeln, dass selbst in diesem Fall die Enteignung stattfinden wird. Wenn sich jedoch eine Mehrheit finden würde, wäre dies ein Zeichen, dass das Privateigentum in Berlin nicht mehr heilig ist.

Keine Wahl bei dieser Wahl: PdL und SPD

Wir können keiner Partei der Linken und Arbeiterbewegung bei dieser Wahl eine kritische Wahlunterstützung geben. Die SPD, die weiterhin als bürgerliche Arbeiterpartei fungiert, ist aufgrund ihrer Ausverkaufspolitik in einer tiefen Krise. Sozialdemokratische Politik operiert als Interessenvertreter eines Teils der Arbeiterklasse, und gleichzeitig als wichtige Stütze für die Profitmaximierung des deutschen Kapitals. Die Agenda 2010 schuf den größten Niedriglohnsektor in Europa und war maßgeblich für die aktuelle ökonomische und politische Führungsrolle in der EU. Dafür sagte die Bourgeoisie „Danke“, die eigenen Wähler liefen aber in Scharen davon. Die SPD hat mit Olaf Scholz den langjährigen ersten Bürgermeister von Hamburg als ihren Kanzlerkandidaten aufgestellt. Scholz steht auf dem rechten Flügel der SPD, der dafür verantwortlich ist, dass Millionen von Wählern, vor allem aus der Arbeiterklasse, der SPD den Rücken gekehrt haben. Scholz steht für eine Klüngel-Politik, die von weiten Teilen der Bevölkerung nur noch zynisch registriert und abgelehnt wird.

Die PdL ist ebenfalls in einer Krise. Hierfür verantwortlich ist der permanente Widerspruch in der Partei, dass die Parteibasis der Regierungspolitik in Thüringen, und den Regierungsbeteiligungen in Bremen und Berlin kritisch und teilweise sogar ablehnend gegenübersteht.

Jegliche Positionierung von Zentristen oder Linksreformisten, mit einer kritischen Wahlunterstützung die Partei die Linke testen zu wollen, scheitert an der Realität, dass es ein Dauertest mit längst vorliegendem Ergebnis ist: Die PdL ist ein verlässlicher Partner für die Bourgeoisie, auch wenn das deutsche Kapital sich vorzugsweise auf ihre Stammparteien verlässt.

Dazu kommt noch eine merkwürdige Entwicklung in Sachen Sarah Wagenknecht und ihrer Aufstehen-Bewegung. Kurz bevor sie zur Spitzenkandidatin in Nordrhein-Westfalen gewählt wurde, veröffentlichte sie ihren Bestseller „Die Selbstgerechten“, in dem sie eine Art Gegenentwurf zum existierenden Wahl- und Parteiprogramm formulierte. Zugespitzt wird Migranten die Schuld am Niedriglohnsektor gegeben. Wagenknecht analysiert zwar einige Fehler und Fehlentwicklungen der Linken, um dann aber politisch knallhart rechts abzubiegen.

Unter den Unterstützern für den Aufbau und der weiteren Stärkung der PdL befinden sich eine Anzahl von Genossen, die sich auf eine sozialistische oder trotzkistische Tradition berufen.

Bis zu ihrer großen Spaltung 2019 war die SAV beseelt von ihrer Entrismus-Arbeit in der PdL. Wir haben in einer Polemik auf diese besondere Politik hingewiesen. Auch nach ihrer Dreiteilung blieben die jeweiligen neu entstandenen Gruppen der Linie gegenüber der PdL treu. Die Kritik an den Regierungsbeteiligungen war gepaart mit mitunter kreativen Apologien, um nicht mit den „PdL-Linken“ brechen zu müssen.

Wer 2021 immer noch an die PdL als Interessenvertretung der Arbeiterklasse glaubt, muss sich ideologisch weit aus dem Fenster lehnen, um das Wahlprogramm – trotz seines konkreten Inhalts – zu loben:

„Aus marxistischer Sicht ist dieses Programm zu unkonkret und vorsichtig in Bezug auf eine sozialistische Ökonomie und was die offensive Forderung nach Enteignungen von Kapitalist*innen angeht. Wenn die Ideen der Partei umgesetzt würden, wäre das aber eine deutliche Verbesserung. Nur: Mit SPD und Grünen wird eine solche Umsetzung nicht stattfinden.“

–  www.sozialismus.info/2021/07

Im Folgenden beschreibt dann der Autor das in einigen Stellen ambitionierte Wahlprogramm. Man braucht eben diese ideologischen Scheuklappen, wenn man den verbalen, rhetorischen Reformismus nicht von der Realpolitik unterscheiden kann.

Jenseits von Wahlkämpfen und bürgerlichem Parlamentarismus soll die PdL auch noch wirken. Eine Stärkung der Partei soll eine Alternative zum Kapitalismus sichtbar machen. Die Hoffnungen springen in den Himmel und der ganze Zauber ist so berauschend, dass man Realität und Phantasie nur noch teilweise trennen kann:

„Die Vorschläge der LINKEN unterscheiden sich grundsätzlich von denen aller anderen großen Parteien. Sie durchzusetzen, würde enorme gesamtgesellschaftliche Auseinandersetzungen, Klassenkämpfe und Streiks voraussetzen. Eine starke LINKE macht einen großen Unterschied in den gesellschaftlichen Diskussionen: Eine Alternative zum Kapitalismus wird sichtbar. Der Weg dahin bleibt aber unklar. Eins ist klar: Die Orientierung auf eine Regierungsbeteiligung mit SPD und Grünen wird nicht zur Umsetzung der dringend nötigen Forderungen der LINKEN führen. Wenn DIE LINKE sich an SPD und Grüne anpasst, um „bündnisfähig“ zu werden, wird ihre Existenz als eigenständige, sozialistische politische Kraft infrage gestellt. Deswegen wird es nötig sein, nicht nur ein Kreuzchen bei der LINKEN zu machen, sondern den Kampf um eine LINKE zu führen, die den Kapitalismus nicht nur in wolkigen Worten ablehnt, sondern zu dessen bewusster Abschaffung beiträgt.“

sozialismus.info/2021/07

Laut SAV-Analyse ist das PdL-Programm zu „unkonkret“ und der Weg zur Alternative zum Kapitalismus „unklar“. Klar scheint nur zu sein, dass die SAV-Genossen trotzdem PdL wählen werden. Unklar bleibt, was es an konkreten und positiven Gründen gibt, die vorgebliche Sozialisten dazu bewegen könnten, so etwas zu tun.

Die Internationale Sozialistische Organisation (ISO) kommt aus der pabloistischen Tradition Ernest Mandels und sieht in der PdL eine moderne Linkspartei in Bewegung, deren Weg man natürlich mit gehen muss. Egal wo der Weg hingeht.

Zweifel an der PdL werden in der Einleitung des Wahlaufrufes gezwungenermaßen kurz erwähnt.

„Die Partei DIE LINKE konnte nicht vom Versagen der Bundesregierung bei Bekämpfung von Pandemie und Klimakatastrophe profitieren. Und hat es versäumt, die Systemfrage von links zu stellen. Dennoch ist es für die außerparlamentarische Linke wichtig, dass sie im Bundestag bleibt. Für die kommenden Wahlen fehlt allerdings ein Plan, wie die Partei DIE LINKE ihr Wahlprogramm umsetzen möchte.“

intersoz.org

Die PdL hat also keinen Plan, um irgendetwas von ihrem Wahlprogramm umzusetzen, aber diese Planlosigkeit sollte sie laut ISO keine Parlamentssitze kosten. Es scheint, dass die ISO die Latte nicht allzu hoch anlegt. Um weiterhin in der Partei mitarbeiten zu können, muss die ISO sich also etwas einfallen lassen. Bei ihnen ist es die rührende Geschichte, dass die PdL eigentlich noch gar nicht fertig gebaut ist, eine Work-in-Progress-Partei:

„Bei allen Vorbehalten, die es gegen die Partei und ihre Positionen gibt: Sie beteiligt sich aktiv an gesellschaftlichen Kämpfen und trägt durch ihre Arbeit in den Parlamenten erheblich zu dem Einfluss von progressiven Bewegungen und Positionen bei. Nach wie vor ist DIE LINKE ein „Work-in-Progress“, auf das die radikale ökosozialistische Linke einwirken kann und sollte. Einige Genoss:innen der ISO arbeiten in der LINKEN mit und werden es weiter tun. Für die außerparlamentarische Linke wäre ein Scheitern der LINKEN an der Fünfprozentklausel ein herber Verlust. Eine Regierungsbeteiligung auf Bundesebene birgt die Gefahr, dass diese Partei an die Kette gelegt wird und ihre fortschrittliche Funktion für die antikapitalistische Opposition und in der Politik des Landes verliert. Beides gilt es zu verhindern.“

intersoz.org/die-linke-waehlen

Jetzt schon darf sich die außerparlamentarische Linke darüber freuen, wenn in Berlin linke Hausprojekte mit paramilitärischen Mitteln geräumt werden, Flüchtlinge abgeschoben werden, oder in Bremen mit den Stimmen der PdL ein Krankenhaus geschlossen wird. Brauchen Arbeiter und Immigranten wirklich mehr davon? „Volksvertreter“ wie diese PdL-Politiker gibt es schon seit Jahrzehnten, und es ist höchste Zeit, dass die PdL, wie auch die SPD, bei der Wahl ihre Quittung bekommt.

Keine Stimme für SPD/PdL! – Stimmt ungültig!

Widerstand gegen die Angriffe des Kapitals!

Für den Aufbau einer revolutionären Arbeiterpartei!