Die Ukraine: Eine revolutionäre internationalistische Perspektive
Dies ist die Übersetzung eines leicht editierten Redebeitrags eines IBT-Sprechers bei einer Veranstaltung der International Marxist Tendency (IMT) zur Situation in der Ukraine am 21. Mai 2014 in Toronto.
Der aktuelle Aufruhr in der Ukraine findet in einem Land statt, das praktisch bankrott ist und dem weitere scharfe Kürzungen des Lebensstandards drohen. Unter diesen Umständen ist es kaum erstaunlich, dass die langjährigen historisch begründeten Unstimmigkeiten in der Bevölkerung – zwischen dem russophilen Osten und dem europäisch ausgerichteten Westen des Landes – verschärft wurden.
Der US-Imperialismus (und seine Juniorpartner in Britannien, Kanada usw.) hat die Möglichkeit, Kiew von Moskau wegzubrechen, schon lange Zeit als entscheidend gesehen für die Schwächung Russlands, das – zusammen mit dem chinesischen deformierten Arbeiterstaat – als wichtiges Hindernis für die globale amerikanische Hegemonie gesehen wird. Als sich Wiktor Janukowitschs korrupte und unpopuläre Regierung entschied, finanzielle Hilfe von Russland anzunehmen, die weniger belastende Bedingungen als die Austerität der IWF-„Strukturanpassungsmaßnahmen” bedeutete, reagierten die NATO-Länder, angeführt von den USA, mit der Suche nach einem „Regimewechsel”, vergleichbar der „Orange Revolution” von 2004.
Die Maidan Mobilisierungen waren darin erfolgreich, Janukowitsch Ende Februar zu stürzen und Washingtons Wunschkandidaten, Arsenij Jazenjuk einzusetzen, durch die Teilnahme von Tausenden von faschistischen Paramilitärs von Svoboda und dem Rechten Sektor, die als „Nationalgarde” vor kurzem brutale Pogrome in russisch-sprachigen Regionen im Osten und Süden der Ukraine durchführten.
Marxisten unterstützten das Recht der Krim, die Ukraine zu verlassen und sich Russland anzuschließen. Dadurch wurde sichergestellt, dass die NATO nicht die Kontrolle über den russischen strategischen Marinestützpunkt in Sewastopol gewinnen konnte. Unsere Haltung zur Krim ist dieselbe wie unsere Unterstützung für Tschetscheniens Recht auf Lostrennung von Russland, oder für die Kosovo-Albaner, Serbien zu verlassen. Wir erkennen das Recht der Menschen in der Ost-Ukraine an, sich der oligarchischen Herrscher in Kiew zu widersetzen und sich gegen die Nazi-Schläger der „Nationalgarde” zu verteidigen. Die meisten der sogenannten „Sezessionisten” scheinen es zu bevorzugen, in einer Art föderierter Ukraine zu bleiben. Auch das ist ihr Recht.
Die westlichen Medien haben an einer grotesken Propaganda-Kampagne teilgenommen, nach der Russland die Beschlagnahme der Ukraine beabsichtigt. Aber zumindest bis jetzt hat Russland nur defensiv gehandelt, um eine gegen sich gerichtete anhaltende Kampagne, angeführt von den USA, in Zaum zu halten. Im Gegensatz zur IMT und vielen anderen vorgeblich trotzkistischen Gruppen, hält die Internationale Bolschewistische Tendenz Russland nicht für eine imperialistische Macht, sondern für ein Land, in etwa vergleichbar mit Brasilien, das großen Einfluss in seiner Region hat aber kein Zentrum des globalen Finanzkapitals ist.
Das homophobe, russisch-chauvinistische Putin-Regime ist natürlich nicht besser als seine pro-imperialistischen Rivalen in Kiew. Die einzige Richtung vorwärts für die Völker der Ukraine und dem Rest des ehemaligen sowjetischen Blocks führt über die Wiederschaffung einer marxistischen Bewegung, die sich dem Sturz des Kapitalismus verpflichtet fühlt, zurück auf den Weg Lenins, Trotzkis und des revolutionären Internationalismus der frühen Kommunistischen Internationale.