marx21: Verwirrt im LINKEN-Sumpf

Die Spaltung und Neuausrichtung der Alternative für Deutschland (AfD) mit dem Wegbrechen des Lucke/Henkel-Flügels, sowie die Beharrlichkeit, mit der die Rechten aus Pegida, Nazis und Rassisten ihre reaktionären Demonstrationen abhalten, hat zu einer Radikalisierung des politischen Milieus rechts der CDU geführt. Offen wird auf den Demos und Kundgebungen vom putschistischen Sturz der Merkel-Regierung geträumt, ganz in der Tradition der antidemokratischen Freikorps am Anfang der Weimarer Republik. Auch die massive Teilnahme von Nazis prägt die politische Ausrichtung der rechten Protestbewegung.

Umso wichtiger ist es, dass die Linke und Arbeiterbewegung sich überlegen, wie man gegen diese Entwicklung vorgeht. marx21 steht in der pseudotrotzkistischen Tradition von Tony Cliff, dem Gründer der britischen Socialist Workers Party und der International Socialist Tendency. Die deutsche Vorgängerorganisation Linksruck war dafür bekannt, eine oberflächliche Kampagne nach der anderen zu initiieren, um so schnell und ohne Substanz zu rekrutieren. So konnten zwar viele Mitglieder gewonnen werden, die aber auch schnell wieder austraten. Eine Organisation mit verbindlichen Mitgliederstrukturen konnte daher nicht geschaffen werden. Im September 2007 beschloss eine Delegiertenkonferenz die Auflösung von Linksruck. Ein Teil der Delegierten beschloss kurz danach die Gründung von marx21. Das Selbstverständnis ist das eines Netzwerks.

“Wir verstehen uns als Teil der neuen Linken und der globalisierungskritischen Bewegung, die angetreten sind, die Macht der Konzerne zu brechen. Wir wollen mit unseren Ideen und unserem Einsatz dazu beitragen, die Partei DIE LINKE zu stärken und so eine politische Alternative zum Kapitalismus aufzubauen.”
marx21.de/netzwerk

In der Winterausgabe des gleichnamigen Magazins von 2015 beschäftigt sich marx21 mit dem Aufstieg der AfD, und der Frage, ob und wie die Rechten gestoppt werden können.

Die erhebliche Steigerung von rassistischer Gewalt gegen Flüchtlinge und Flüchtlingsunterkünfte, die Chancen der AfD, Wahlerfolge einzufahren, sowie das Schreddern der letzten Reste des Asylrechtes sind gefährliche und reaktionäre Entwicklungen.

marx21 analysiert die Entwicklung der AfD mit oberflächlichen Beobachtungen und verweist auf die „Gesellschaft für deutsche Sprache“, wenn es um die Rechtsentwicklung der Partei geht.

Aber marx21 kann auch auf die Wahrheit deuten, wenn sie schreiben:

“Um die rechte Gefahr zu stoppen, fordern Medienvertreter, Politikerinnen und Politiker, dass Justiz und Polizei schärfer durchgreifen. Doch der Staatsapparat ist ungeeignet, Rassismus und Naziterror zu bekämpfen. Vielmehr ist er Teil des Problems.”
„Pegida, AfD und Co: Wie weiter im Kampf gegen die rechte Gefahr?“

„Ungeeignet“ sind allerdings auch politische Formationen, denen das Image der Wahlalternative wichtiger ist als eine Konfrontation mit den Faschisten. Doch marx21 ist tief verankert in der Partei die Linke (PdL) und deshalb fordert sie ohne einen Funken Ironie: „DIE LINKE muss in der jetzigen Situation ihr antirassistisches und antikapitalistisches Profil schärfen“ (ebenda).

marx21 will nicht die Linke und die Arbeiterbewegung aus dem parlamentarischen Sumpf führen, um einen „Internationalen Sozialismus“ (Untertitel ihrer Publikation) aufzubauen, sondern die Stimmen für die PdL zu erhöhen.

„Flüchtlinge willkommen, keine Stimme den Rassisten“ (ebenda) ist eben eine durch und durch parlamentarisch fixierte Position, die nicht dem Schutz der Geflüchteten dient. Aber Forderungen nach einem sofortigen Abschiebestopp oder Abschaffung aller Einwanderungsbeschränkungen würde das Bewusstsein des PdL-Sumpfes sprengen.

Liberales Geschwätz als Vorbild

Fast schon lustig wird es, wenn Oskar Lafontaine und Jakob Augstein für ihre Forderung nach einem stärkeren antirassistischen und antikapitalistischen Profil der PdL von marx21 lobend erwähnt werden. Es wird nicht verschwiegen, dass Lafontaine sich im Stile eines Sozialdemokraten, sowohl für eine rassistische Grenzschließung und eine Obergrenze für Flüchtlinge einsetzt, als sich auch, ganz im Sinne eines von marx21 eingeforderten linken Populismus, gegen Lohndumping bei Flüchtlingen profiliert.

Jakob Augstein ist Verleger und Chefredakteur der linksliberalen Wochenzeitung der Freitag und darf im Spiegel regelmäßig den linken Flügel der Bourgeoisie vertreten. Sein Rat: Die Linken sollen in den Wettbewerb einsteigen, und den Rechten den Populismus klauen. So weit, so belanglos. Aber es ist bezeichnend, dass marx21 keine Silbe über eine klassenkämpferische Opposition verliert.

Damit auch ja nicht die Loyalität zur bürgerlichen Arbeiterpartei PdL in Frage gestellt wird, wird die Hoffnung in ein „Bündnis für Mitmenschlichkeit“ geschürt, statt in eine klassenkämpferische Opposition, die die pro-kapitalistische Politik der PdL bekämpft.

marx21 ist in der Frage des Widerstandes gegen Rassismus und Faschismus durch die Loyalität zur PdL so „ungeeignet“ wie die PdL selbst. Revolutionäre Kritik an Rassismus und Faschismus wird wiederholt reformistisch aufbereitet, damit man nicht unangenehme Wellen in der Partei verursacht. Natürlich wollen Revolutionäre mit der Linken und Arbeiterbewegung, bei aller Kritik am Reformismus und an falschen Organisationsansätzen, gemeinsam gegen die rechte Gefahr vorgehen. Das Aufgeben eines eigenständigen revolutionären Organisationsansatzes und einer programmatischen Perspektive jenseits des bürgerlichen Parlamentarismus ist die Konsequenz einer Methode, die versucht Einfluss durch politische Kapitulation zu gewinnen

Revolutionärer Kampf gegen Rassismus hat zwei fundamentale Grundsätze. Auf der einen Seite müssen offene Faschisten konfrontiert und davon abgehalten werden, ihr völkermörderisches Programm offen kundgeben zu können. Darüber hinaus muss den Rassisten und Faschisten das Wasser abgegraben werden. Das kann jedoch nur funktionieren, indem die multiethnische Arbeiterklasse zum Kampf um die Verbesserung der eigenen Lebensbedingungen mobilisiert wird. In gemeinsamen Streiks wird deutschen Arbeitern vor Augen geführt, dass sie mit ihren ausländischen Kollegen mehr gemeinsam haben, als mit ihren patriotischen Bossen, die seit Jahren eine brutale Offensive gegen soziale Standards der Arbeiterklasse fahren. Und genau hier besteht das Problem von marx21, die weiterhin Teil der PdL sind und trotz des Sozialabbaus, den diese lokal und regional mitzuverantworten hat, für die PdL auf Stimmenfang gehen.

Marxisten treten stattdessen für den Aufbau einer revolutionären Arbeiterpartei ein, mit dem Ziel, die krisenhafte kapitalistische Wirtschaft mittels einer sozialistischen Revolution durch eine demokratische Planwirtschaft zu ersetzen. Ohne die Beiseitigung der kapitalistischen Wirtschaft werden Rassismus und Faschismus auch weiterhin Konjunktur haben, insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher Krisen und imperialistischer Kriege. Organisationen, die ihre Existenz im Sumpf der PdL fristen, sind im Hinblick auf diese Aufgaben „ungeeignet“.