GAM und SpAD zum Ende der DDR

Der Opportunismus hat viele Gesichter

GAM: Arbeiterkontrolle über alles

Die Gruppe Arbeitermacht (GAM), deutsche Sektion der Liga für die Fünfte Internationale (LFI) war stets darum bemüht, sich als konstruktiv kritisch darzustellen. So befürwortete sie, dass die Unternehmer, im Gegensatz zu den Arbeitern, den „Aufbau Ost“ bezahlen sollten (arbeitermacht 41, Mai 1996). Hinter diesem Begriff verbirgt sich die kapitalistische Umstrukturierung des ehemaligen deformierten Arbeiterstaates DDR, die Abwicklung der Industrie- und Landwirtschaftsbetriebe. Durch diesen „Aufbau Ost“ wurden Millionen in die Arbeitslosigkeit getrieben. „Nur Zyniker oder offene Opportunisten machen sich Sorgen um dessen Finanzierung — die GAM will sich auch da nicht isolieren“ schrieben wir in BOLSCHEWIK Nr. 9.

Die GAM liegt konsequent falsch, wenn es um die Verteidigung der deformierten Arbeiterstaaten geht. Schon im Zuge des Anschlusses der DDR an die BRD tauchte sie mit der Losung „Treuhand unter Arbeiterkontrolle“ auf. Die Treuhand war das Vehikel des deutschen Imperialismus, die staatseigenen Betriebe der kapitalistischen Marktwirtschaft unterzuordnen. „Treuhand unter Arbeiterkontrolle“ heißt im Klartext „Zerstörung der DDR-Wirtschaft unter Arbeiterkontrolle“.

„Auch in ihrem Aktionsprogramm für eine „klassenkämpferische Basisbewegung“ bemüht die GAM immer und immer wieder die Losung nach Arbeiterkontrolle und läßt sie damit zu einem Fetisch und Ersatzmobilisierungsslogan verkommen. Mit dieser Losung soll den Massen in vorrevolutionären Situationen eine Perspektive eröffnet werden, die über die Ablehnung des Existierenden hinausgeht, die Machtfrage aufwirft und die Keimform der neuen sozialistischen Planwirtschaft darstellt. Die Propagierung dieser Losung für einzelne Betriebe oder Branchen ist reformistischer Nonsens, und die GAM präsentiert diese fundamental unmarxistische Anwendung immer wieder aufs Neue. Ohne die Arbeiterkontrolle mit der Frage der Arbeiterregierung, der proletarischen Staatsmacht, zu verbinden, bleibt sie Hülse für sozialdemokratische Belegschaftsmanagement-Konzepte.“
— „Viele Wege führen in die Sackgasse…auch das ‚Aktionsprogramm‘ der GAM“, BOLSCHEWIK Nr. 9

SpAD: Unser Arbeiterstaat…

Dass politische Anpassung und Illusionen in die Sozialdemokratie nicht der einzige Irrweg ist, beweist die Intervention der Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands (SpAD) in der DDR sehr anschaulich. Erst einmal ging die SpAD davon aus , dass es sich in der DDR 1989/90 nicht nur um eine vorrevolutionäre Situation handelte sondern beschrieb diese gleich als eine politische Revolution. Auch träumten sie von der Entstehung eines prosozialistischen Flügels in der SED. Das hatte zur Folge, dass die SpAD sich der SED immer mehr unkritisch anpasste. Wir bemerkten damals:

„Die Schaffung der revolutionären, trotzkistischen Arbeiterpartei war entscheidende Voraussetzung für die Verteidigung der DDR hin zum Sturz der stalinistischen Bürokratie durch eine Arbeiterrevolution. Der IKL jedoch ging es nicht um die Lösung dieser Aufgabe. Ohne Verankerung im Proletariat war es ihr unmöglich, einen direkten Einfluß auf die Situation in der DDR zu nehmen. Der Druck der rasanten politischen Entwicklung verlangte aber nach einer Antwort. Die SED war damals die einzige Organisation, die entscheidenden Einfluß auf noch links-orientierte Teile der Arbeiterklasse hatte. Die IKL-Führung gab dem Druck nach und versuchte einen Block mit Teilen der erschütterten SED-Bürokratie herzustellen, was sie geradewegs in den Opportunismus führte.“
„Die SpAD in der DDR: Opportunismus in revolutionärer Verkleidung“, Trotzkistisches Bulletin Nr. 1, IBT, Mai 1991

So war in der Propaganda der SpAD oftmals die Rede von „unsere Wirtschaft“, „unsere VEB’s“ und „unserem Arbeiterstaat“. Besonders peinlich war wohl die Feststellung: “Die Planwirtschaft ist grundlegend gesund“ (Arprekorr 25, 27.02.1990).

Doch die Illusionen der SpAD in die Bürokratie beschränkten sich nicht nur auf die SED. So schrieb man einen offenen Brief an den Kommandanten der Sowjetischen Truppen in Deutschland, Snetkow, und dankte:

„Zu der Zeit, wo die ostdeutschen Werktätigen dieses Land vom stalinistischen Missbrauch lösen wollen, hat sich die Rote Armee geweigert, sich für ein Blutbad benutzen zu lassen“.
— Spartakist Nr. 66 , 3. Januar 1990

Erstens weiß man nicht, wie sich die Führung der Armee bei einer wirklichen politischen Revolution verhalten hätte, (man denke z. B. an den Arbeiteraufstand 1953 in der DDR) und zweitens wäre wohl eine Agitation der einfachen Soldaten die der Offiziere vorzuziehen gewesen. Und natürlich handelte es sich um die sowjetische Armee unter stalinistischer Herrschaft und nicht um Trotzkis Rote Armee. Diesen Unterschied hatte die IKL auch schon während der Intervention der UdSSR in Afghanistan verdrängt.

Trotzkisten wissen, dass die stalinistische Kaste einen konterrevolutionären Charakter hat. Deshalb kann eine politische Revolution nur gegen diese Kaste stattfinden. Einzelne Elemente der Stalinisten können unter Umständen die Seite wechseln und sich der revolutionären Bewegung anschließen. Von der Führung der Bürokratie jedoch zu erwarten, dass sie hilft, ihren eigenen Untergang zu erwirken, kann nur von Leuten kommen, die jeglichen Sinn für die Realität verloren haben.